Ab dem 26. Mai steht Yvonne Catterfelds Debütalbum „Meine Welt“ in den Plattenläden. Die ersten Videos laufen in der VIVA-Heavy-Rotation. Die neue Single „Für Dich“ steht momentan auf Platz 1 der Charts. Zeit für ein Interview.
Ein Star verändert jeden Ort. Ein Sternchen lässt sich von ihm verändern. Die 23-jährige Sängerin Yvonne Catterfeld ist ein Star. Sie sitzt am Frühstückstisch des Hilton-Hotels in Köln. Livrierte Kellner servieren frisch gepressten Orange-Juice. „Der aber mit Tütensaft gemischt ist“, sagt Yvonne, „das schmeckt man.“ Sie sagt es beiläufig. Ihre Augen schimmern nach langem Schlaf. Es gibt Waffeln, Obstsalat, Rührei. Zwei Tische hinter ihr lässt sich ein Geschäftsmann von der aktuellen F.A.Z. langweilen, äugt beizeiten hinüber. Es wirkt wie der Blick auf ein selbst verpasstes Leben, respektive eine stets verpasste Frau.
Yvonne ist aktuelles Titelmädchen der TV-Spielfilm. „Von der Soap zum Pop“ steht dort. Das ärgert sie. „Das ärgert mich wirklich!“ Sie war längst Sängerin, als man ihr die GZSZ-Rolle der Julia Blum anbot. Aber wie entkommt man als spontan etikettierte Seriendiva dem Kindchen-, Dummchen-, Glitzerklischee? Plakatwände zeigen eine BILD-Anzeige. Im Rahmen der RTL-Talentsuche wird versprochen: „Küss Yvonne Catterfeld bei GZSZ!“ Dieter Bohlen und Udo Lindenberg schreiben Songs für sie. Die öffentliche Laszivität wird als Bravo-Poster vermarktet. Journalisten fragen: „Glaubst du, dass dein Aussehen karrierefördernd ist?“ Wenigstens ihr Lächeln bleibt privat, insbesondere bei Fragen wie dieser, scheint noch nicht vermarktet worden zu sein. Sie kommt aus Erfurt, einer der Stätte ihrer Generation. Die VIVA-Moderatorin Janin Reinhard ist dort ebenfalls mit dem späteren 800m-Olympiasieger Nils Schumann zur Schule gegangen. Yvonnes Frühstücksteller ist noch zur Hälfte gefüllt. Sie möchte mit dem Interview dennoch beginnen. „Wir können warten.“ – „Nein, nein, das geht schon. Ich lege nur eine kleine Pause ein.“
Was wahrscheinlich nicht immer funktioniert. Ist es sehr stressig, im Moment? Kraut und Rüben ein bisschen. Es gab aber schon Wochen, wo ich das genauso erlebt habe und nicht anders.
Während der Abizeit in Erfurt? Nö, ich hatte ja schon dreieinhalb Jahre den Plattenvertrag und habe parallel studiert, (Jazz- und Popularmusik in Leipzig) und hatte auch da irgendwie nie viel Zeit, um nicht zu sagen, gar keine.
Dann ruft auf einmal Dieter Bohlen an und hat auch noch den Song „Für Dich“ dabei… Wir haben damals nach mehreren Songs für den musikalischen Einbau bei GZSZ gesucht und auch mehrere Angebote bekommen, aber das Passende war einfach nicht dabei. Dieter Bohlen der auch bei meiner Plattenfirma unter Vertrag ist, hat sich daraufhin mit mehreren Songs angeboten. Wir sind nach Hamburg gefahren und haben uns mit Herrn Bohlen getroffen, in so einem kleinen Konferenzraum. Dort hat er mir Demos vorgespielt. Die haben wir mehrmals durchgehört und ich bin immer bei diesem einen Song hängen geblieben und habe dann gesagt: „Der ist es!“
Wusstest du, dass „Für Dich“ ursprünglich für Juliette von den Superstars gedacht war? Also das ist jetzt drei Monate her, da war die Superstars-Entscheidung überhaupt nicht. Dieter Bohlen hat zu der Zeit zwar kräftig geschrieben und es werden auch Songs dabei gewesen sein, die für die Superstars waren. – Ich werde oft auch Juliette angesprochen, aber damals hat „Für Dich“ noch nicht in der jetzigen Form existiert, vielleicht die Melodie, aber es waren nur Demos und es mag sein, dass Dieter Bohlen diesen Song zuerst Juliette angeboten hat, aber das kann ich nicht riechen und es ist mir ehrlich gesagt auch egal, weil er irgendwie auf mich zugeschnitten wurde und Lukas Hilbert einen deutschen Text dazu geschrieben hat…
Du selbst hast nur bei „Abendstern“ mitgeschrieben? Ja. Ich habe natürlich noch viele andere Ideen, doch die will ich erst umsetzen, wenn ich Zeit habe. Denn bei den eigenen Sachen ist man noch kritischer…
Vor dem nächsten Album wirst du wahrscheinlich wegfahren oder dergleichen um mehr bei dir zu sein? (Yvonne lacht) Wenn ich die Chance hätte, wäre das wundervoll. Aber ich glaube, das wird schwierig. Ich kann mir nicht einfach eine Auszeit nehmen, weil ich sieben Tage drehe.
Das Musikvideo kam also schnell dazwischen, dann schreibst du den Text… Ja, momentan möchte ich das auch alles machen, weil ich nicht ins Studio muss. Wenn dann die Zeit des Studios wieder anfängt, wird es ganz schwierig. Aber die Produktionsfirma ist sehr kooperativ und die geben mir Zeit, wenn es geht. Gestern zum Beispiel war es ganz schwer, für Top of the Pops frei zu kriegen, weil an dem Dreh noch andere Hauptdarsteller dranhingen. Deshalb wurde alles nach vorne geschoben. Ich habe morgens bis nachmittags in Berlin gedreht und bin dann hier her gedüst. Heute ist wieder genau das gleiche. Jetzt fliege ich wieder zum Dreh.
Wenn du dann dort deine Rolle spielst: In wie weit ist das dann auch eine? Für deine eigenen Sachen nimmst du dir ja mehr Zeit. Das bin schon ich, also die Zusammenarbeit mit meiner Plattenfirma klappt. Die wissen, was ich mag. Es gibt Songs, die ich abgelehnt habe und bei den Ausgewählten spricht mir der Text aus der Seele, das kann ich nachvollziehen oder ich denke, das wären auch meine Worte gewesen, mein Schreibstil. Mit Metaphern, mit einem Bezug zu mir, zeitlos. Von daher sind das schon meine Songs, weil ich meine eigene Interpretation gefunden habe. Man arbeitet auch zusammen daran, im Studio, macht Melodie- und Textveränderungen…
Oder leistet allein den Background-Part. Das habe ich auch immer sehr gerne gemacht. Ähm, du hast das alles sehr genau durchgelesen.
Selbstverständlich. Ich mag es, im Studio Chöre zu singen, ich liebe das, diese Arbeit. Ich mag es aber auch, wenn das Andere für mich machen. Ich habe zwei ganz tolle Background-Sängerinnen in meiner Band, die sind wirklich superklasse und werden bestimmt bei meinem nächsten Album einen großen Teil übernehmen., so dass eine Linie reinkommt, man die Stimmen auch wiedererkennt.
Yvonnes Managerin unterbricht entschuldigend. „Kannst du kurz für den Aufnahmeleiter eine Widmung auf die CD schreiben, für Florian?“ – „Was schreibe ich denn nun?“ – „Mal eine Blume dazu.“ – „Eine Blume?“
Es fällt auf, dass es dir wichtig ist, an den Dingen fest zu halten. Woher kommt diese Einstellung, dieses fehlende Sternchenfieber? Ich musste zuerst meinen Weg finden. Ich hatte auch mit Deutsch zu kämpfen gehabt, am Anfang. Vor dreieinhalb Jahren, bevor ich den Plattenvertrag hatte, war ich kein Freund von deutscher Musik. Xavier Naidoo fand ich immer gut. Als aber die Plattenfirma mit mir die Aufnahmen auf englisch machen wollte, wollte ich auf einmal nicht mehr. Ich musste meinen Weg zu Deutsch finden. Plötzlich hatte ich so viele schöne Songs und Texte, die mir etwas bedeuten, die mir auch wichtig sind, die eine Aussage haben. Außerdem gibt es ein Livealbum von Erika Baldou, das ich immer wieder höre. Die hat auch ihre Backgroundsängerinnen dabei. Ich finde es wichtig, eine Band auf der Bühne zu haben, darum habe ich auch gekämpft. Man soll die Gesichter wieder erkennen. Es kann sein, dass ich irgendwann mit anderen Produzenten arbeite, dafür bin ich wirklich sehr offen, dass es musikalisch ein bisschen in eine andere Richtung geht. Ich glaube aber, wenn man seine Backgroundsängerinnen gefunden hat, dann will man die irgendwann nicht mehr hergeben. Die beiden singen so toll.
Es gibt jedoch viele, die nicht bemerken, dass sie mit tollen Menschen zusammenarbeiten. Ich wollte nie eine Sternschnuppe werden. Für mich wäre die Superstars-Sendung nichts. Auch wenn ich die Aktion an sich toll finde. Aber vom einen auf den anderen Tag bist du in ganz Deutschland bekannt. Da hätte ich viel zu große Angst, in den Himmel geschossen zu werden und als Sternschnuppe zu verenden. Ich glaube, dass man gerade in jungen Jahren schwer damit umgehen kann, weil die Gefahr abzuheben auch sehr groß ist. Ich war immer schon ein Freund von den kleinen Schritten und ich glaube, dass die einen auch weiterbringen im Leben, persönlich. Natürlich ist der Schritt, der nun passiert, schon groß.
Da du sagtest, in deinen Songs stecke viel von dir. In „Abendstern“ gibt es die Zeilen „Egal wie weit ich bin, siehst du doch mein Licht. Ich lächele dir zu.“ Ist das eine Metapher für die eben beschriebene Einstellung zum momentan Passierenden? (Yvonne erkennt, was gemeint ist, dennoch…) Ich habe da nie so genau drüber nachgedacht. Ich nahm an, das sei ein Song für Pärchen, die öfter von einander getrennt sind. Man ist weit von einander entfernt und trotzdem beieinander, gedanklich oder so. Aber in „Abendstern“ sind viele Metaphern drin, ja, das stimmt.
Verbindest du den Song persönlich mit jemandem? Ich habe beim dem Song an jemanden aus früherer Zeit gedacht.
Als Borderlinejournalist würde man jetzt irgendeinen Namen erfinden. Also, um auf die Sprache zurückzukommen. Es ist natürlich schwieriger, auf deutsch als auf englisch zu singen. Beim Englischen wird nicht so viel Wert auf den Text gelegt. Wenn ich mir manchmal einen Text übersetze, verliert der Song plötzlich stark an Bedeutung und Wert. Beim deutschen Song kommt es in erster Linie auf die Interpretation an, dass man mit Gefühl singt und sich in dem Moment wirklich darein versetzt, dass man es nicht nur singt, damit es gut klingt.
Was tust du, damit sich die Leute mit deinen Liedern wirklich beschäftigen? Also fernab von der Überzeugung, kleine Schritte seien wichtig, was du vermutlich sagst, um ernst genommen zu werden. Gehst du beispielsweise taktisch in ein Interview? Nö, ich bin so, wie ich bin. Das ist mir auch wichtig. Ich bin überhaupt nicht der Typ, der sich vorher irgendwelche Fragen ausdenkt, auf ein Blatt schreibt und dazu die Antworten überlegt. Ich plappere meistens drauf los.
Dir ist es aber die Reihenfolge wichtig, dass du erst gesungen und später für GZSZ gearbeitet hast? Darauf habe ich immer viel Wert gelegt. Ich habe zweieinhalb Jahre Gesang studiert…
Und abgeschlossen? Nein. Ich habe mein Vordiplom gemacht. Aber ich wollte eigentlich nie Schauspielerin werden. Vielleicht habe ich mit dem Gedanken gespielt, mehr nicht. Ich habe mit einer Freundin geredet und ihr berichtet, wie viel Spaß das mir macht, wie viel es mir gibt und meine Freundin sagte: „Nun, so warst du ja schon in der Schule, wenn wir irgendwelche Inszenierungen gemacht haben. Du warst ganz speziell, hast dir immer etwas ausgedacht, auf deine Art und Weise.“ Ich kann mich ein bisschen daran erinnern, wie die Leute zu mir kamen und meinten, das war richtig gut und wie sie gesagt haben, dass ich Schauspiel studieren sollte. Aber das hatte ich wieder vergessen. Das war mir auch nie wichtig. – Ich glaube in diesem Zusammenhang aber unheimlich an Schicksal. Ich hatte diesen einen Auftritt und wenn ich den nicht gehabt hätte, wo mich meine Managerin ein bisschen ins kalte Wasser geschmissen hat… den Pianisten habe ich an dem Abend kennen gelernt, das war so ein Medien- und Wirtschaftspublikum, was wirklich schwierig war, beim SFB, als der Sender gerade auf Satellit gegangen ist.
Wenn ich da nicht gewesen wäre, dann hätten mich die Geschäftsführer von GZSZ nicht gesehen Und hätte am nächsten Tag nicht der Artikel über mich in der Berliner Zeitung gestanden, dann hätte man es vielleicht wieder vergessen. So haben die mich dann gefunden, ausfindig gemacht und zum Casting eingeladen. Und wenn ich dann gesagt hätte „och nö…“ Ich bin halt hingegangen und habe mir gesagt, das ist mal wieder eine Herausforderung, wie bei Stimme 2000, wo (mit dem Sieg) ja alles angefangen hat, dann wäre ich jetzt nicht da, wo ich bin. Ich glaube, dass das im Leben immer so ist und ich glaube, dass das bei mir Schicksal war. Ich habe zwei Wochen später die Rolle bekommen und dennoch Bedenken gehabt
Yvonnes Managerin unterbricht noch einmal. Am Handy ist Radio Bayern 3 „der Wolfgang“ und möchte ein Telefoninterview führen. Yvonne nimmt das Gespräch nach kurzen Instruktionen entgegen: „Schönen guten Morgen! – Ja. (lacht) – Ja, ok. – Ja. – Morgen! Ach, Morgen, Quatsch, ihr zeichnet ja für abends auf. – Schönen guten Abend… Was sagt man denn da? – Christian, er heißt Christian? – Hi Chris! – Ach, ich sehe gar nicht, der ganz große Star zu sein. Ich habe das, glaube ich, noch gar nicht so realisiert, das ist jetzt ziemlich überraschend, also, damit hat wirklich keiner gerechnet, ähm, ich glaube, ich am wenigsten und ja, es ist zwar sehr schnell passiert, wenn ich so meine letzten Jahre betrachte, hat das dennoch schon lange gedauert und ich habe lange dafür gearbeitet…
Und jetzt ist wieder Morgen. Ja! (lacht.)
Direkter Sprung zu Bild. Dort kann man dich küssen? Das ist der Aufhänger. Es geht da nicht explizit um den Kuss, sondern schon darum, dass man ein Talent sucht. Vielleicht geht es ebenso um Mut?
Aber auch für dich, oder? Da muss ich dann trennen zwischen Rolle und mir. Genauso, wie das beim GZSZ-Einbau war, musikalisch. Ich habe ja auch „Blaue Augen“ für Niko gesungen und da musste ich natürlich auch trennen, Achtung, Frau Catterfeld, hier bist du jetzt Julia Blum, also ich musste mich ganz oft verspielen. Ich konnte nicht supertoll singen. Das musste nach jemandem klingen, der gerade den Weg in die Musik findet. Und bei Bild ist das genauso. Hier sehe ich mich als Rolle. Das heißt, es wird nicht jemand für mich gesucht, sondern jemand für die Rolle. – Derjenige hat natürlich eine Chance. Das sehen ungefähr fünf Millionen und wenn er gut ist, kann es sein, dass die Rolle ausgebaut wird.
Wie bei dir. Du hattest anfangs… Auch nur eine Nebenrolle. Die ist zwar für mich geschrieben worden, aber im Laufe der Zeit größer geworden. Und bei dem Wettbewerb ist nicht gesagt, was das für ein Kuss wird. Ein Filmkuss ist es auf jeden Fall. Aber es ist halt die Frage, ob es ein Begrüßungsküsschen wird, ein Kuss auf die Wange oder ein Abschiedküsschen.
Was ja peinlich werden kann. Julia Roberts hat nach „Notting Hill“ über Hugh Grant gesagt, er küsse „very british“. Bei uns wird derjenige aber auch trainiert und bekommt einen Schauspielcoach.
Mit Blick auf die Managerin, die sofort anfängt, zu lachen: „Der bekommt erst einmal das Gruselkabinett vorgesetzt!“
In „Blaue Augen“ gibt es noch den Satz „Ich kenne den Weg nicht, den ich gehen soll“. Da steckt ja auch dieser Schicksalsgedanke drin. Es gibt aber viele Weg, die man gehen kann. Da bin ich schon so ein Bauchmensch. In der Schulzeit macht man sich ja Gedanken, welchen Weg man gehen soll und steht dann wie vor einem großen Wald, in dem sind viele kleine Wege und ich habe da schon gewusst, ich will Musik machen, ich will Sängerin werden, ich will Gesang studieren. Und ich bin den Weg gegangen, auch wenn andere Leute gesagt haben, geh lieber in eine andere Richtung, weil die sicherer ist.
Es kann aber auch sein, dass es nicht nur Schicksal war. Vor dem Interview haben wir über Nils Schumann gesprochen, der ebenfalls aus Erfurt kommt und über dessen 800m-Olympiasieg in Sydney 2000 oft gesagt wird, er hätte Glück gehabt. Nils Schumann hatte aber auch hart trainiert. Man muss also vorbereitet sein, um das Glück nutzen zu können. Ja klar, man braucht auch Fleiß, Ehrgeiz, Zielstrebigkeit, den Wille. Es gibt sicherlich viele tolle, gute Leute, die nicht das Glück gehabt haben oder die nicht bereit waren. Ich kenne auch eine Sängerin, die ist supertoll. Aber die wäre gar nicht bereit. Die hätte das gar nicht gewollt. Wie auch immer. Die hat ihr Glück manchmal vielleicht auch ein bisschen versiebt.