„Zum Wiedersehen der Sterne“ heißt, sehnsuchtsvoll, der Bestseller des in Äthiopien geborenen US-amerikanischen Autors Dinaw Mengestu. Drei afrikanische Flüchtlinge suchen darin ihre Version des „American Way Of Life“.
Ihr Optimismus bleibt, wie bei Dante, der in seiner „Göttlichen Komödie“ zwar durch die Hölle reist, aber daran glaubt, „zum Wiedersehen der Sterne“ zurückzukehren. Mengestu, der mit zwei Jahren ebenfalls aus Afrika in die Staaten gekommen ist, erzählt in seinem großartigen Roman “Zum Wiedersehen der Sterne” von einer Clique, die sich grundlos optimistisch gegen die Widrigkeiten des modernen Lebens stellen. Gemeinsam hängen sie in Stephanos kleinem, schlecht laufendem Stadtrandkiosk ab, spielen traurige Ratespiele über Afrikas Diktatoren und fühlen sich wie Kinder der Revolution: “Wir alle hatten Familien, die wir vermissten und nie wiedersehen würden.” Gegen die grausame Vergangenheit und eine mehr als trostlose Gegenwart helfen makabere Witze (”Wieviele Athiopier passen in einen Fahrstuhl?” – “Alle.”) und die Gewissheit, dass man nur in den USA zum Buddha werden kann. Ein Gespräch.
Warum wird Ihr Held sowohl in Afrika als auch in den USA durch die Hölle geschickt? Das ist sehr grausam, aber es ist eine der Grundideen meines Romans – in den USA und in Afrika kann man traurig sein, wenn auch aus ganz unterschiedlichen Gründen.
Ist Amerika der einzige Ort, an dem man ein Buddha werden kann? Es ist auf jeden Fall der Ort, an dem man am einfachsten zum Buddha werden kann. Das glaubt auch einer meiner Figuren, es sind ja drei junge Männer aus Afrika, die zusammenkommen und ihre jeweils eigene Skepsis von den Versprechungen des amerikanischen Traums mit sich tragen. Kenneth glaubt, dass man in einen Zen ähnlichen Zustand eintaucht, wenn man sich diesen Versprechungen hingibt.
Warum ist die Geschichte so lustig? Es komme einige sehr makabere Witze vor. Ich bin glücklich, dass Sie das sagen, weil viele Leser nur die Trauer und Melancholie sehen, die in meinem Roman beschrieben wird. Aber es gibt natürlich auch diese Ironie, ohne die meine Figuren im Leben gar nicht mehr zurechtkommen würden. Kenneth Joseph und Stephanos verbringen ihre Nachmittage und Abende damit, zu erraten, welcher afrikanische Diktator wann in welchem Land zur Macht gekommen ist, was erstmal ein komisches Spiel ist, aber gerade in dieser Komik liegt, finde ich, etwas sehr Tragisches und Frustriertes.
Ist das auch Ihr Weg, um mit ihrer Vergangenheit zurechtzukommen? Sie sind im Alter von zwei Jahren in die USA geflohen. Seit der Collegezeit wollte ich mehr über meine Vergangenheit und über die Geschichte meiner Eltern erfahren. Deshalb fing ich an zu recherchieren, ich führte viele Interviews, alles mit dem Hintergedanken, dass ich irgendwann einen Essay oder ein Sachbuch darüber schreiben könnte. Aber zehn Jahre später, da war ich längst Schriftsteller und schrieb eben keine Essay, sondern erfundene Geschichten, da wurde mir klar, dass alles, was ich geschrieben und womit ich beschäftigt hatte, angefangen bei diesen Interviews, dass das alles meine Vergangenheit war. Deshalb begann ich, diesen Roman zu schreiben. „Zum Wiedersehen der Sterne“ gibt nicht exakt die Geschichte meiner Interviewpartner wieder. Aber ich habe die Fakten mit meiner Fiktion neu geschaffen, sie haben jetzt einen neuen Kontext bekommen und sind tatsächlich soetwas wie meine selbst zusammengesuchte, ganz persönliche Geschichte.
Im Moment liest man viele Bücher aus Amerika, die von Einwanderern geschrieben worden ist. Gibt es Ihrer Meinung nach eine neue Emigrantenliteratur? In Amerika gibt es seit Jahrhunderten Literatur von Einwanderern. Ich denke da an die lange Tradition der osteuropäisch-jüdischen Schriftstellern. Das ist also erst einmal nichts Neues. Aber inzwischen gibt es eine breitere Ausdehnung, diese Einwandererromane werden nicht mehr von einer kleinen ethnischen Gruppe verfasst, sie kommen von überall her, was man an Leuten sehen kann wie Junot Diaz, der aus der Dominikanischen Republik kommt oder Ha Jin aus China. Dann gibt es Schriftsteller wie ich, die woanders geboren sind, sich aber als vollwertige Amerikaner verstehen und über die Erlebnisse der vorhergegangenen Generation schreiben. Amerikanische Emigrantenliteratur ist also nicht neu. Aber es wird immer mehr, es gibt mehr Stimmen. Und in Zukunft werden wir eben wegen dieser vielen unterschiedlichen Stimmen verstehen, wie vielschichtig die Bedeutung von „Amerikaner-Sein“ ist.