Weil die USA seit 9/11 mit ihrem Anti-Terrorkampf beschäftigt sind, müssen andere Häscher nach bösen Menschen fahnden. Autor Matt Ruff hat für seinen Roman „Bad Monkeys“ eben solche erfunden; böse Affen, die von einer obskuren Organisation gejagt und kurzerhand hingerichtet werden. Ist das gut und gerecht?
Jane Charlotte, die schizophrene Heldin dieses aufreibenden Actionromans, kann Gut und Böse auch nicht wirklich auseinanderhalten. Jane wird im weißen Behandlungszimmer einer Psychiatrie befragt, weil sie mehrere Menschen umgebracht hat: Zumindest behauptet sie das. Da Beweise, Leichenteile, Blutspritzer, Zeugen fehlen, erzählt die junge Frau detailliert ihre angebliche Version der Geschichte, ihre Version des Romans. Angeblich gehört die junge Frau zu einer Untergrundorganisation, die kriminelle Menschen, vom Kinderschänder bis zum Todesengel-Arzt, mit einer perfiden Waffe jagt. Diese sogenannte NT-Pistole gaukelt eine „Natürliche Todesursache“ vor, Herzinfarkt zum Beispiel oder Schlaganfall. Jane wird von Bob True, einem Leiter der Organisation, angeworben, weil sie bereits als Schülerin den Hausmeister getötet hat, der in ihren Augen ein Kindermörder gewesen sein soll. Woher True das weiß? Die Organisation überwacht die Menschen heimlich, mit winzigen Kameras, als amerikanische Stasi sozusagen.
Wer vor fremden Türen kehrt, hat den eigenen Bordsteinabschnitt meist ignoriert und langsam kommt die „Organisation“ hinter das wahre, schockierende Leben von Jane Charlotte. Sie ist nämlich keineswegs nur eine gerechte Rächerin, sie ist tatsächlich fasziniert vom Bösen, sie ist ein unheimlicher Teil des Schreckens. So weit, so „Star Wars“ oder für alle, die seit etlichen Jahrzehnten auf einer verlassenen Insel wohnen: Auch in George Lucas‘ Science-Fiction-Abenteuer wandert der strahlende Held irgendwann zur „dunklen Seite der Macht“ über. Bei „Bad Monkeys“ ist es ähnlich. Die genaue, übrigens ziemlich krude Auflösung, soll hier nicht verraten werden. Aber eine weitere „Star Wars“-Ähnlichkeit findet sich in Matt Ruffs‘ Roman ebenfalls. Es wäre unschicklich, sie zu verschweigen: „Star Wars“ lehnt sich stellenweise an die Geschehnisse des Zweiten Weltkriegs an. „Bad Monkeys“, mit seiner Paranoia-Atmosphäre, dem „Achse des Bösen“-Gerede, den illegalen Folterkellern und Präventivschlag-Reden wäre ohne den (sogar im Buch angesprochenen) Terroranschlag vom 11. September 2001 undenkbar. Man kann sich allerdings entscheiden, wie man den Roman lesen möchte, als ironischen Kommentar, als Schreckensvision, als Groteske?
Der Hanser-Verlag hat „Bad Monkeys“ in ein gelb-schwarzes Cover gepackt. Deshalb schaut der Roman zunächst wie ein Hard-Fi-Produkt aus. Ist das Absicht, ein moderner Versuch, dieser Geschichte Pop zu verpassen? „Bad Monkeys“ wird wegen vieler Anleihen nämlich krampfhaft in die Pop-Ecke gestellt. Warum? Eine junge Frau rennt rächend, mit Waffe durch die Welt; das kennt man aus Quentin Tarantinos „Kill Bill“ mit Uma Thurman in der Hauptrolle, also: Pop? Eine Geheimorganisation spielt sich als befreiende Wahrheitsfinder auf und bei Helden schlagen zwei Herzen in einer Brust; „Fight Club“, „Matrix“, Superhelden-Comics, man suche sich was aus, also: Pop? Im Radio hört die „Bad Monkeys“-Heldin Jane Charlotte versteckte Botschaften aus Pet-Shop-Boys-Songs und Michael Jacksons‘ „Billie Jean“, also: Pop?
Nein. Es ist auch kein Thriller, kein Roadmovie und „rasant wie ein Videoclip“ (Klappentext des Hörbuchs) ist es ebenso wenig. Was soll das überhaupt heißen? Sind Videoclips automatisch rasant? Das Buch ist keineswegs schlecht. Matt Ruff hat 256 anständige, leicht lesbare Seiten zustande gebracht. Niemand verschwendet seine Zeit, wenn er die 256 Seiten an einem Abend liest. Zeitverschwendung ist es dagegen, die aufwendig produzierten, aber leider schlecht gekürzten „Bad Monkeys“-CDs zu hören. Auch ein Inhaltsverzeichnis vermisst man bei dieser Hörfassung. Unwichtig. Es geht um das Buch, das einiges sein mag, nur Pop, das ist es nicht, „Matrix in Las Vegas“ (wieder der Hörbuch-Klappentext) hin oder her. Punkt.
Matt Ruff: „Bad Monkeys“, übersetzt von Ditte und Giovanni Bandini, Hanser, 256 Seiten, 19,90 Euro