Jochen Malmsheimer, Ex-Bücherpartner Frank Goosens brillierte Montagabend mit dem unkonventionellen Programm „Wenn Worte reden könnten“ im Forum Maximum. Tingelte er einst als Tresenleser, hat er sich nun zum Bühnenlaser, einem schmerzhaft gebündelten, ungebrochen wie Brechreiz hervorrufenden Kritikerclown par excellence entwickelt.
Zunächst bleibt die haarscharf an Fotograf Terry Richardson erinnernde Pollkleidung der sorgsam ausstaffierten Figur des Bochumer Wüstlings: mit Holzfällerhemd, Bluejeans, Marc Spitzs’ Schnurrbart Hohn lächelndem Pornobalken und großer Machobrille agiert Malmsheimer als Gegenentsprechung von Harald Schmidt.
Wo der eine als Wolf im Anzug auftritt, spricht der andere durch den spießbürgerlichen Dunst befreiende Worte. „Der Amerikaner kennt kein Pardon, weil das französisch ist.“ Malmsheimers Figur bleibt ein Anti-Mensch, der auf der Bühne stundenlang die Nase hochziehen, Grimassen schneiden und heiliges Kulturgut zerfleddern kann, dabei jedoch traumwandlerischen Feinsinn beweist. Wer für die „Anerkennung der A48 als deutsche Ostgrenze“ eintritt, verrät viel über das Seelenleben eines närrischen Wesens, das „nur im Ruhrgebiet aufgrund klimatischer Bedingungen wesen kann“.
Aber Malmsheimer ist nicht die Figur und so ist sein Alter Ego kein wirkliches, sondern Spiegelbild einer depressiven Gesellschaft, die diese Depression in ständiger Opposition artikuliert. Zum Anti-Menschen gesellen sich bei Malsheimer deshalb auch „Businessfressen“, „Brooks-Brothers-Faschisten“, „Alt 58er“ [sic!] und „Pseudobildungsbürger“. Letztere werden durch Sätze, dergestalt, „Teflon wie Joachim Bublath sind Abfallprodukte der Raumfahrt“ entkleidet. Nebenbei wird ein Kapitel Medienkritik aufgerissen und mit dem Vortrag eines wahrhaft bildungsbürgerlichen wie manieristischen Textes über das Aufeinandertreffen von Sätzen und Semikolons in der halluzinierten Sprachkneipe zugeschlagen, übertroffen. Dagegen und dennoch besser sein: Jochen Malmsheimer beherrscht das selten Gesehene.
Jochen Malmsheimer: „Wenn Worte reden könnten“, Tacheles / Edel, eine CD, 13,66 Euro