„Fräulein Jensen und die Liebe“, das ist ein spezielles Thema und genug Stoff für den Debütroman von Anne Hansen, die zehn Traummänner vorstellt: Stabhochspringer, Schauspieler, Popstars – die alle Korbkandidaten sind. Warum?
„Ich versteh das einfach nicht. Als Pia und ich uns am Anfang auf die Zahl Zehn einigten, war ich mir sicher, dass ich spätestens nach der Nummer fünf glücklich verliebt sein und in den starken Armen eines Traummannes leise vor mich hin murmeln würde: „Ich wusste doch, dass ich nicht die volle Zahl ausschöpfen muss.“ Zehn potentielle Traummänner will die Hamburger Journalistin Hannah Jensen treffen, jeweils unter dem geschummelten Vorwand eines wichtigen Interviewtermins. Hintergrund: Endlich soll der Knoten platzen, ihre ständige Sehnsucht gestillt werden: „Ich verliebe mich jeden Monat so viele Male, wie ein Zugvogel die Flügel schlägt, um von Europa in die Sahara zu fliegen.“ Bald sollten dann doch die Kirchenglocken läuten und das weiße Glück beginnen.
Hannah datet los, unterstützt von „Amors Botin“ Pia, ihrer besten Freundin und Stichwortgeberin, die bei allen Dates via Handy die aktuellsten News über den aktuellen Schwarm durchtickert. Die Heldin muss in viele Rollen schlüpfen, die Typen sind nicht nur sehr ambitioniert ausgewählt, sondern auch grundverschieden: Popstar Rocko Schamoni ist dabei, Stabhochspringer Tim Lobinger, Politiker Alexander Nuno Pickart Alvaro und „Genial daneben“-Komiker Bernd Hoëcker. Gerade Rocko hat es ihr angetan. „Um für alle weiteren Verläufe des Abends gewappnet zu sein, habe ich noch ein dünnes Top in meiner Tasche (Disco), eine abgewetzte Strickjacke (Underground-Party draußen) und eine Zahnbürste (man weiß ja nie).“
Hannah denkt schon über ihre gemeinsame It-Girl-Tochter nach, als „deutsches Pendant zu Peaches Geldorf“. Autorin Anne Hansen, die zwecks Recherche tatsächlich alle Romanfiguren getroffen hat, kann seitdem mit erstklassigen Date-Tipps aufwarten: „Wer nicht sucht, wird gefunden, könnte man wohl sagen. Natürlich reicht es nicht, sich gemütlich aufs Sofa zu setzen und darauf zu warten, dass irgendwann der Traummann an der Haustür klingelt. Nein, man muss schon aktiv werden, aber eben in Maßen. Auf Krampf funktioniert in der Liebe leider gar nichts. Gelassen und entspannt sein, dann klappt das auch!“
Crazy ist die Idee allerdings schon, als Nachwuchsautorin bekannte Bachelor anzuhauen. „Natürlich, alle Männer wussten Bescheid, dass ich sie zu Romanhelden mache“, sagt Anne,“obwohl genau das manchmal schwer zu erklären war: Hallo, meine Romanfigur hat sich in dich verliebt. Deswegen möchte ich dich nun treffen. Mein Freund war zum Glück tiefenentspannt und kein bisschen eifersüchtig.
Eigentlich geht es auch ganz keusch zu in „Fräulein Jensen und die Liebe“, weil sich jeder der anvisierten Traumtypen als Korbkandidat herausstellt, mal mit Kind und Kegel, dann wieder mit Beziehungsunlust, massiven Zeitproblemen oder unkonventionellen Treuevorstellungen enttäuscht: „Mann, Frau, Familie, Kinder, Haus: Das ist vollkommen evolutionsuntypisch. Dafür ist der Mensch nicht gemacht.“ Wenn ein Mann das sagt, kann es noch so viel Humor besitzen – Frauen wie Hannah Jensen wenden sich sofort ab.
Aber wie verwandeln sich normale Typen nun in Traummänner, Frau Hansen? – „Wie viel Platz habe ich, um die Frage zu beantworten? Nein, im Ernst. Wir Frauen sind zwar anspruchsvoll, aber trotzdem so realistisch, dass wir keinen Mix aus Brad Pitt und George Clooney erwarten. Meistens jedenfalls.“ Sie lacht. „Insofern können Männer auf ganz verschiedene Arten bei uns punkten: durch Witz zum Beispiel, Charme oder auch Intelligenz. Und: Die Welt hat viel zu wenig echte Gentlemen. Der Frau die Tür aufhalten ist nicht altbacken, sondern einfach nett.
(Anne Hansen: „Fräulein Jensen und die Liebe“, Eichborn, 264 Seiten, 14,95 Euro // Taschenbuch: Dumont, 8,99 Euro)