Werbeagenturen haben es heute schwer, Nachwuchs zu finden. 14-Stunden-Tage sind ganz klar out. Dass man es noch schwerer haben kann erzählt der türkische Roman „Secret Agency“, der im Berliner binooki-Verlag erschienen ist.
Der Istanbuler Alper Canigüz erzählt von Full-Time-Slacker Musa, dem ein extrem skurriler Job angeboten wird. Musa soll in einer kleinen Agentur Texte für eine esoterische Lebensberatung schreiben. Der Inhaber dieser „Secret Agency“ ist: ein schwarzer Kater. Das ist gewöhnungsbedürftig. – Der stinkreiche Chef hat einst seinem Haustier alles vererbt. Das machen Millionäre ganz gern: Ihre Kohle für Sinnlosigkeiten herschenken.
Nur kann dieser Kater auch noch Gedanken lesen. Zudem wird Musa die ganze Zeit von finsteren Matrix-Bodyguards überwacht. Als dann auch noch einer seiner Kollegen unter mysteriösen Umständen stirbt, erkennt der Held die Gefahr. Plötzlich sind der Kater, die Bodyguards und eine Horde wildgewordener Ausserirdischer hinter ihm her. Das Ganze ist freilich ein furchtbarer Spass. Aber weil Autor Alper Canigüz das Ganze sehr nüchtern und klar runtererzählt, ist der Wahnsinn zu Beginn des Buchs nicht einmal erahnbar.
Wer bringt sowas auf den Markt? Es ist wie in der Musik: Das interessante Zeug kommt meistens von den Indies. Hier ist es der kleine deutsch-türkische Verlag binooki aus Berlin, der erst seit ein paar Monaten existiert. Die beiden Gründerinnen, Selma Wels und Inci Bürhaniye haben große Pläne: „Also, mein Wunsch wäre es, türkische Autoren mit ihren Werken hier so zu etablieren, dass man nicht betont, dass sind jetzt türkische Autoren, sondern: Es ist gute Literatur und wir möchten es lesen.“ (aus einem Interview der RBB Kultursendung Stilbruch)
Das umfangreiche, liebevoll designte binooki-Programm ist mutig. Denn die türkische Gegenwartsliteratur kommt generell krasser daher als die deutschen Veröffntlichungen. Auch märchenhafter. Orientalischer. Das ist ein eigenwilliger Sound. – Ausserirdische in einer Istanbuler Werbeagentur, die von einem schwarzen telepathischen Kater geleitet wird – braucht es da noch viele Argumente?
(Alper Canigüz: „Secret Agency“, übersetzt von Monika Demirel, binooki, 216 Seiten, 15,90 Euro)