Das Wuppertaler Medienprojekt stellte am Mittwochabend mit Marina Jenkers „Blaue Ufer“ den ersten 90-Minuten-Spielfilm im Theater an der Gathe vor.
„Weit draußen im Meer ist das Wasser so blau wie die Blätter der schönsten Kornblume.“ Mit diesen Worten eröffnete Hans Christian Andersen sein bekanntestes Märchen „Die kleine Seejungfrau“. Die 23-jährige Germanistikstudentin Marina Jenkner aus Wuppertal hat mit ihrem ersten Spielfilm das Seejungfrauen-Motiv aufgegriffen und den Wogen einer bewegten Geschichte überlassen. Andersens Meer erscheint zunächst als Inbegriff romantischer Sehnsüchte. „Blue Ufer“ beginnt stattdessen mit turbulenten Wasserbewegungen; einem missglückten Waschcenter-Flirt zwischen Undine (Stephanie Herpich) und Adrian (Dennis Bauer). Schon Max Frisch bediente sich der Undine, um Gantenbein ins Totenreich zu stellen. Kenkner geht nicht ganz so weit.
Doch ist ihre Undine dem Untergang ebenfalls nahe: Die junge Frau verletzt sich regelmäßig selbst, ritzt ihre Haut mit Cuttern, Stricknadeln, Messern. Sie möchte vergessen, möglicherweise einen sexuellen Missbrauch verdrängen. Genaues erfährt der Zuschauer nicht. Nur, dass Undine ihre Sexualität nicht erfahren kann, Andersens unterleibloser Seejungfrau gleich. „Ich weiß nicht, ob ich will, dass mir so etwas gefällt“, sagt sie gegenüber der Therapeutin und meint Adrians Zuneigung.
Adrian kennt Undines Probleme nicht, erträgt lediglich Zurückweisungen, unwirsche Gesten und Blicke. Darin liegen Stärke wie Schwäche des Films. Der gezeigte Konflikt ist innerer, eher literarischer Art. Was die Bilder nicht zeigen (können), entwickelt sich aber stellenweise im Kopf weiter. Durch den großen Andeutungshorizont und die starken Bilder entsteht eine in sich geschlossene Welt.
Vielleicht kann man „Blaue Ufer“ mit einem Meeresgrund vergleichen, der selbst in Orkanzeiten nahezu ruhig bleibt. Jenkner, die mit Hilfe des Medienprojekts einen respektablen No-budget-Film auf die Beine gestellt hat, möchte ihre Arbeit professionalisieren. Darstellerin Herpich will sich lieber ihren Kurzgeschichten und dem Journalismus widmen. Die Verkörperung einer psychisch kranken Frau war härter als gedacht: „Manchmal lag ich im Bett und habe nur geheult.“