Von den Dichterwettbewerben der Antike bis zum zeitgenössischen Baseballroman reicht die Verbindung von Literatur und Sport, deren strukturelle Kopplung ein Beobachtungsfeld meiner Untersuchungen ist. Fragestellungen sind unter anderem. Die Inszenierung des Kampfes in der mittelalterlichen Epik, Sport als Metapher in Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts sowie Narrationen im athletischen Wettbewerbsgeschehen.
Das Interesse am sportlichen Geschehen ist bei mir persönlich begründet, da ich in meiner Jugend mehrere Jahre leichtathletischen Wettkampfsport auf internationaler Ebene betrieben habe, mit teilweise zehn Trainingseinheiten in der Woche, mit Medaillen als 800-Meter-Läufer bei Deutschen Jugendmeisterschaften, einem Europacupsieg 1996 in Ljubljana, einem länderkampsieg 1997 in Frankfurt/Oder und der Teilnahme an der Junioren-WM 1998 in Annecy. Leistungssteigernde Autoren waren damals zwischen den Tempoeinheiten beim TSV Bayer 04 Leverkusen und auf der Rückfahrt mit der Eisenbahn: Albert Camus, Paul Auster, Charles Bukowski (hier in absteigender Reihenfolge von Sportler bis Säufer).
Sportliche Wettkämpfe sind beliebtes und publikumswirksames Themenfeld der Literatur. Der heroische Moment des Kampfes begründet mit dem Hildebrandslied die deutsche Literatur, taucht mannigfaltig auf im Nibelungenlied der höfischen Klassik, zieht sich durch die deutsche Literaturgeschichte bis in die Gegenwart, wie in Jan Brandts Debüt Gegen die Welt, das auch eine große Fußballgeschichte ist.
Gleichzeitig hat der Sport eigene Narrationsweisen ausgebildet, die bei den vielfach zitierten Fussballweisheiten („Grau is alle Theorie – entscheidend is auf’m Platz“) beginnen und in gewaltigen Romanen wie Chad Harbachs „Die Kunst des Feldspiels“ oder Joël Dickers „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ in direkter Analogie zur literarischen Produktion gesetzt wird. Es geht darum, den strukturellen Zusammenhang zwischen Sport und Literatur offenzulegen, Sport als Narration zu lesen, ebenso zu untersuchen, in welcher Weise sportliche Beobachtungen die Autopoiesis der Texte ermöglichen, in welcher Weise sportliche Inszenierungsstrategien auf die Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts Einfluss nehmen.
Thematische Veröffentlichungen (Auswahl)
- 2015 „Fit for fun? – Von Bodybuilding-Kapitalismus und Kader-Prekariat“ (einstündiges Feature) Bayern 2 Zündfunk Langstrecke (11.6.)
- 2013: „sam zwei wildiu pantel sie liefen durch den klê – Barbarischer Sport und höfische Wettkämpfe im Nibelungenlied“ (Essay) In: Goller, Detlef/Gomringer, Nora (Hgg.) Göttingen, die horen #250.
- 2012: „Schreiben sollte wie Leistungssport sein“, Interview mit Chad Harbach. In (24.9.): Berlin. Feuilleton. Die Welt.
Thematische Texte im Blog (Auswahl)
- 2013: „Schnee statt Schüsse“ – über Biermann, C. + Köster, Philipp: “Fast alles über 50 Jahre Bundesliga”, Köln, KiWi.
- 2012: „Tooooor! Tooor! Tooor!“ – über Behringer, Wolfgang (2012): „Vom antiken Olympia bis ins 21. Jahrhundert – Eine Kulturgeschichte des Sports“, München, C.H. Beck.
- 2011: „Hammer ohne Thor“ – über Frommeyer, Paul: „Möller“, Köln, CNG sports & media Verlag.
- 2010: „Gib mich die Kirsche“ – über Biermann, Christoph: “Die Fußball-Matrix – Auf der Suche nach dem perfekten Spiel“, Köln, KiWi.
[…] bei Ullstein an – (hier im „Büchermarkt“-Portrait). Der frühere Leichtathlet Cynybulk begeistert mich, denn ihm sind die vielen Läuferromane bei Aufbau zu verdanken, darunter auch „Finish“ von Tom […]