„Ich war sehr überrascht, als sich in meiner Netzwerkanalyse von „Hamlet“ herausstellte, dass Horatio nach Hamlet die wichtigste Figur des ganzen Stücks ist“, erzählt der Big-Data-Literaturwissenschaftler Franco Moretti in diesem aufschlussreichen Spiegel.de-Interview. Da wir bereits bei Neuerungen sind – Herr Larbig macht sich grundlegende Gedanken über E-Books und Papierbücher, und ebenfalls grundlegend ist der Text „So einfach wie möglich, aber nicht einfacher“ über Erklärjournalismus. Oliver Trenkamp schreibt, dazu gehörten „Fragen und Antworten zum Thema — idealerweise nicht solche, die jedem sofort einfallen und langweilig sind.“ Das gilt selbstverständlich auch für gute Rezensionen; am besten mit Links. Womit wir beim Titel dieses Blogs sind. Stefan Niggemeier hat die Versammlung der VG WORT-Wahrnehmungsberechtigten besucht und berichtet hier – interessant sind auch die Kommentare unter seinem Text (und dieser Text von Enno Stahl aus der Freitag). Am Wochenende lief, groß diskutiert, mein Zündfunk-Generator über die syrische (Exil-)Literatur – hier kann das einstündige Feature gehört werden.
Baden am See: Die nominierten Autorinnen und Autoren des Klagenfurter Wettlesens um den 40. Ingeborg-Bachmann-Preis 2016 (hier geht es zum A-Z) sind nun offiziell bekannt. Die Teilnehmer kommen dieses Mal u.a. aus Serbien (Marko Dinić), Großbritannien (Sharon Dodua Otoo) und Israel (Tomer Gardi) – der in Köln geborene und dort lebende Selim Özdogan wird peinlicherweise als Türke verkauft. Mit der 1944 in Frankreich geborenen Sylvie Schenk hat Juryvorsitzender Hubert Winkels die bislang älteste Bachmann-Autorin nominiert. Für den Glamour sorgt nach dem Ronja von Rönne-Jahr 2015 nun also Stefanie Sargnagel (Bild). Der Preis für das beste Video hat inoffiziell bereits Sascha Macht eingesackt.
Quer durchs Buch: „Torsten Woywod von den Mayerschen Buchhandlungen (Bild) hat seinen Job gekündigt. Er plant nämlich eine ‚Entdeckungsreise zu den schönsten und außergewöhnlichsten Literaturorten dieser Welt. Around the world in 100 bookshops heißt sein „startnext“-Projekt, über das Dirk von Gehlen hier berichtet. Das Fundingziel von 3000 Euro ist längst übertroffen worden, die meisten Preise ausverkauft – aber es gibt noch ein paar wenige Möglichkeiten, mit von der Partie zu sein. Das Beitragsbild oben ist aus Torsten Woywods Projekt.
Berlin versagt: Der zur Bonnier-Gruppe gehörende Berlin Verlag (ist das eigentlich schon ein Deppenleerzeichen?) will oder muss auf Teufel komm raus sparen und schmeißt kurzerhand ein Drittel seiner Belegschaft raus – 2015 hatte sich der Verlag von PR-Profi Uta Niederstraßer getrennt (zu teuer). Dabei verhält sich augenscheinlich unfair. Das Börsenblatt berichtet hier: Der Rechtsanwalt des Betriebsrats des Berlin Verlags, Niklas Pastille, kritisiert die bislang angebotenen Abfindungsangebote als ‚blamabel gering’ und wirft der Geschäftsleitung überdies ‚Geheimniskrämerei’ vor.“ Der Verleger Georg M. Oswald (Bild: Martin Fengel, München) ist pikanterweise selbst Anwalt. Fachgebiet: Arbeitsrecht.
Schreibszene am Main: „Das Kolleg stellt die Frage nach dem Zusammenhang von Kreativität, Kritik und Wissenschaft.“ So stellt sich das „Schreibszene“-Doktorandenkolleg der Uni Frankfurt in dieser Selbstdarstellung vor. Morgen findet ab 14 Uhr eine Auftaktveranstaltung statt. Die Teilnehmenden präsentieren dort ihre Forschungsvorhaben und diskutieren mit Gästen wie Florian Kessler und Ulrich Peltzer über das Verhältnis von Literaturwissenschaft und Geschriebenem, die heutigen Produktionsbedingungen von Literatur, ihren Facettenreichtum und ihre Relevanz. Der Eintritt ist frei.
Privatradio: „Audible arbeitet an der nächsten Generation des gesprochenen Wortes und produziert innovative Serienformate aus den Bereichen Dokumentation, Reportage, Portrait, Interview, investigativer Journalismus, Ratgeber, Feature und Doku-Show“, steht im Call for Papers von Audible: „Bis zum 08.07.2016 können Journalisten, Podcaster, Radiomacher und Produzenten Konzepte für neue serielle Inhalte bei Audible einreichen. Die besten Konzepte erhalten von Audible den Auftrag und ein Budget von maximal 3.000€ zur Produktion einer Pilotfolge. Die erfolgreichsten und vielversprechendsten Pilotfolgen gehen anschließend bei Audible in Serie und erhalten Vertrag und Budget für eine erste Staffel.“ Sendegate problematisiert dieser Aufruf. (Bild: Wikipedia)
Fanfiction: kann man das nicht nennen, was die Selfpublishing-Szene mal wiedererregt. Nachwuchsautor Nico Abrell sorgt für einen neuen Plagiatsfall. „Er baut Patchwork-Bücher“, berichtet die Seite „SchreibFair“ hier: Sein beliebtestes Muster scheint Stefenie Meyer zu liefern, denn gleich mehreren Szenen der Biss-Reihe wird in dem Werk des ‚Jung-Autors‘ zu neuem Leben verholfen. Aber auch Texten von Andreas Götz und Josephine Angelini wird die zweifelhafte Ehre zuteil in Berufen: Rache des Zeus Verwendung zu finden. Aufmerksam auf diesen Baby Plagiator machte uns eine aufmerksame Leserin, die uns über unsere SchreibFair-Seite kontaktierte.“ – Plagiate sind immer wieder Thema bei den SelbstverlagsautorInnen. Er Anfang des Jahres wurde die erfolgreiche Selfpublisherin Katja Piel enttarnt, die damals auf ihrer Facebook-Seite zugab: „Heute teile ich euch mit, dass die Romane ‚Alles begann mit dir‘ und ‚Das Amulett in mir‘ tatsächlich abgeschriebene Bücher sind. (…) Bitte verzeiht mir.“
Pausenbild
Für Bücherliebhaber: Das Clickbaiting-Portal Buzzfeed veröffentlicht 34 Bilder aus dem walisischen Hay-on-Wye, dem „bookshelf porn capital of the world“. (Bild: Swns.com / David Hedges).
Konsuminventur
Kauf mich einmal: Auf der Website „Buy me once“ kann man nur Sachen kaufen, die ein Leben lang halten, zum Beispiel die hier abgebildete Bamboombox, aber ebenso teure Töpfe, teure Bürsten, teure Taschen (erinnert sich da einer an Manufactum?) und irritierenderweise Weingläser von Schott Zwiesel (im Sixpack bei Amazon für 17 Euro, hier für £30.38, also für mehr als das Doppelte). Gefunden im „mother nature network“. Gegen die Vermüllung unser Wegwerfwelt ist die Idee gut, auch wenn es schön wäre, wenn man das Prinzip übertragen würde auf Nicht-Hipster oder -Großverdiener.