Amerikanische Verlage geben Amazon Konter, während der Algorithmus den Bachmannpreis erobert und nackte Frauen Groschenhefte in der Sonne lesen. Es gibt Planking für Fortgeschrittene, #Akzelerationismus für Anfänger, kodierte Poesie und den teuersten Kartoffelsalat – im LesenMitLinks-Linkradar der Woche.
Statistische Schönheiten und das Gegenteil: Kathrin Passig hat zum Bachmannpreis-Sieg von Tex Rubinowitz (Bild) eine Statistik erstellt, die unterschiedliche Startvorraussetzungen eines/r Lesenden mit der späteren Platzierung in Verbindung setzt (alles Wesentliche zu Klagenfurt schreibt VICE). Das ist wesentlich beeindruckender als diese gruselige Goodreads-Liste „Young / Contemporary German Literature: notable German-language novels since 1995, translated for English-language markets“. 100.621 Bewertungen für „Der Vorleser“ von Bernhard Schlink vs. 487 Bewertungen für den „Weltensammler“ von Ilija Trojanow (kauft man Deutschen eher den Nazi ab?).
Bookporn? Schon lange vor #FreeTheNipple trafen sich in New York Frauen, um Oben-ohne Romane zu lesen (Monopol berichtete 2012 an dieser Stelle). Unter dem semi-debilen Slogan „Burn Bras, not Books“ gibt es Pulp Fiction (hier eine Liste) wie „Quarry’s Ex“ von Max Allan Collins (Coverausschnitt rechts). Am 9. Juli feierte die offenherzige Truppe mit aufblasbarem Swimmingpool im Chelesea Hotel zwei Geburtstage (Fotos der Veranstaltung gibt es hier). Die Verbindung Nackt/Buch gibt es übrigens auch bei Maler Pascal Möhlmann (nackte Frau liest Martin Suter) oder im „Reading Nudes“-Pinterest-Tag inklusive „Morrissey reading in the bathtub“ und dem „Book Bath“ (Beitragsbild)
Funktion/Form: Alle lesen Karl Ove Knausgaard – Szilvia Molnar (Bild) kopiert hier seine Zigaretten-Posen und zeigt, dass rauchende Autoren nicht zwangsläufig cool aussehen müssen. Während die halbe Welt auf eine neue Harry-Potter-Kürzestgeschichte blickt (content), berichtet die FAZ über Amazon (programme): „In einem Moment, in dem Amazon als Platzhirsch unter Druck gerät, weil ihm Lieferanten, Autoren und Kunden die Erpressung der Hachette-Gruppe übelnehmen, bietet Harper Collins, wie Hachette einer der „big five“ unter den amerikanischen Verlagen, von heute an auf einer neuen Handelsplattform die eigenen Bücher direkt zum Kauf an.“
Bis hierhin war es eine geradezu poetische Fußball-WM, nicht nur wegen der Logbuch-Sonderausgabe bei Suhrkamp. Spielern wie Welbeck, Junior Diaz, Borges erinnerten an Titanen des Literatur. Auf LesenMitLinks und im Freitag schreibe ich dieser Tage über Fußball und bevor es morgen ein (literarische) Finale mit Kay Schillers „WM 74“ gibt, bietet die Studie „Sommermärchen im Blätterwald“ von Dagmar Schediwy Erinnerungen an eine vermeintliche Zeit ohne nationale Ressentiments. Damit räumt diese Zusammenfassung gründlich auf. Zwar schien es so, als seien türkische Mitbürger mit Deutschlandflagge ein Beweis für gelungene Integration und gegenseitige Akzeptanz:
Wovon 2006 sogar die deutsch-türkische Tageszeitung „Hürriyet“ ausging. Tatsächlich steigen rechtsradikale Straftaten im selben Jahr (auch ohne NSU-Kenntnisse). Auch entstand der Party-Patriotismus nicht durch Klinsmanns Team. „In einer Art Selbstaffirmations-Offensive propagierte Deutschlands auflagenstärkstes Boulevardblatt [BILD] eine ‚Ja-zu-Deutschland‘-Haltung, die gegen alle historischen Zweifel immunisieren sollte. (….) In einer Art Crashkurs instruierte das Blatt seine Leser über den richtigen Umgang mit den nationalen Symbolen und staffierte sie bereits Tage vor Beginn des Fußballspektakels mit den notwendigen Utensilien aus.“ (Ausschnitt aus dieser Woche nach #BRAGER)
In eigener Sache: Planking für Fortgeschrittene gab es in 1LIVE Plan B als Moderator Max von Malotki und ich über den Bildband „Bodies in Urban Spaces“ (Hatje Cantz, 160 S., 35 Euro) vom österreichischen Theater-Performancekünstler Willi Dorner (hier nachhören) sprachen. Donnerstag sprach ich an der Uni Wuppertal über Literaturkritik (Bild). Am morgigen Sonntag sendet 1LIVE pünktlich zum Finalanstoß „Die Mütze“ von Thomas Bernhard. Ab Montag kann sich jeder zu meinem „Hartmut Lange“-Seminar an der WWU Münster anmelden. Und ab Mittwoch schaue ich mich in der Summerschool von #Akzelerationist Armen Avanessian um, wo Donnerstagabend Ray Brassier sprechen wird.
Konsuminventur
Kickstarter: Bis heute (Stand 15.50 Uhr) hat das Crowdfundingprojekt „Potato Salat“ bei 5861 Spendern satte 47.257 Dollar eingeworben. Es läuft noch 20 Tage lang. Dafür gibt es nun deutlich mehr als den versprochenen Salat (Stretch goals: $250 – Better mayonnaise (from the natural foods section) $300 – Call a chef to get a better recipe $350 – Make way more potato salad and probably do a third recipe.) Man ist angelangt bei „$3000: My kitchen is too small! I will rent out a party hall and invite the whole internet to the potato salad party (only $10 and above will be allowed in the kitchen)! The internet loves potato salad! Let’s show them that potato salad loves the internet!!“