„Ob es der Lebensmittelhändler im Ort, der Supermarkt in der Großstadt, der Baumarkt oder auch die Tankstelle ist – heutzutage kauft man Bücher nicht nur in Buchfachgeschäften oder im Internet, sondern mitunter auch zwischen Obst und Gemüse“, berichtet Germanblogs hier. 2014 kamen bereits 10 % des Sortimentumsatzes aus sogenannten Nebenmärkten. Bücher verfallen meistens nicht – weshalb es eine große Freude ist, dass der Arco-Verlag einen vergessenen Schriftsteller erstmalig auf Deutsch präsentiert: Francesc Pujols mit dem katalanischen Roman „Der Herbst in Barcelona“ (hier im Blog). Es gibt aber auch Bücher, von denen vor allem der Titel bleiben wird, wie bei „Er ist wieder da“ von Timur Vermes. Der Kybersetzung-Blog veröffentlicht hier eine großartige Liste, denn: „In den vergangenen Monaten wurde dieser Buchtitel von verschiedenen Medien aus dem Zusammenhang gerissen und u.a. bezogen auf: Benjamin von Stuckrad-Barre und den Schwarzbrauenalbatros. Das Beitragsbild zeigt einige Leservorschläge für noch zu veröffentlichende Suhrkamp-Wissenschaftsausgaben.
Sie sind Schriftsteller und heißen Rasha Abbas, Assaf Alassaf, Aboud Saeed. Sie kommen aus Syrien und sind vor dem dortigen Krieg nach Deutschland geflohen. Sie schreiben weiter, aufsehenerregende, popkulturell inspirierte Texte wie „Der klügste Mensch im Facebook“ oder „Abu Jürgen“. Die syrische Exilliteratur in Deutschland gehört zum Interessantesten, was man sich gerade ansehen kann. Gemeinsam mit der Übersetzerin Sandra Hetzl geht es am heutigen Sonntag ab 22:05 Uhr in meinem einstündigen ZÜNDFUNK-Generator quer durch Damaskus mit Dima Wannous (Bild: Richard Sammour), in den benachbarten Libanon, nach Berlin, München und Köln, wo smarte Menschen ihr Leben zwischen Lageso, Goethe-Stipendien und Heimweh einfangen.
Meta-Kritik: Die Spiegel.de-Kritikerin Hannah Pilarczyk hat sich Richard Linklaters Film „Everybody Want Some!!“ angesehen, doch sie hält es ähnlich wie Jan Wiele in der F.A.Z. bei seiner Besprechung des neuen Judith-Hermann-Buchs (die nur aus Sätzen des Bandes montiert ist) – Pilarczyk, ebenfalls kurz vorm Sommerloch stehend, stellt die Frage, ob ihre Kritik überhaupt nützlich ist: „Hilft das Niederschreiben dieses ganzen Wissens dem Zuschauer dabei, den Film besser zu verstehen? Oder entsteht etwa der Eindruck, dass man einen Film nur als Experte richtig genießen kann – weil es so viel zu sehen, zu verstehen und zu interpretieren gibt? Ich habe keine abgeschlossene Meinung dazu und würde mich sehr freuen, Ihre Gedanken, liebe Leserin, lieber Leser, dazu in den Kommentaren zu erfahren.“ Die Resonanz war für Spiegel.de-Verhältnisse eher dürftig und kann zusammengefasst werden mit dem Kommentar des Nutzers „jetlag chinaski“ (augenscheinlich ein Bukowski-Fan): „Zu warm fürs Kino?“
Begleitschreiben: Am vergangenen Montag moderierte ich den „Büchermarkt“ im Deutschlandfunk (hier kann jeder die Sendung nachhören). Es ging um den Roman „Der Traum von Rückkehr“ aus der Zeit des Bürgerkriegs in El Salvador (hier im Blog) und um Peter Handkes Sammlung „Tage und Werke“, vor allem bestehend aus seinen Literaturrezensionen, die er in den 1960er Jahren im Radio Steiermark abgeliefert hat. Der Untertitel des Buchs ist übrigens „Begleitschreiben“, was ein schöner Anlass war, um den sehr guten Block von Lothar Struck in die „Büchermarkt“-Sendung zu schmuggeln (der hier wiederum über den Blogtitel selbst geschrieben hat – gewidmet dem kürzlich verstorbenen Übersetzer Fabjan Hafner). Passend dazu: Das „Objekt des Monats“ des Literaturhauses Graz.
Leidende Lektoren: Rainer Moritz vom Literaturhaus Hamburg hat in der NZZ die steile These aufgestellt, dass die deutschen Lektorate immer schlechter arbeiten. „Seitdem Lektoren zu Projektmanagern wurden, kaum noch Zeit für irgendetwas haben, Verlage in Sparnot Stellen streichen, Textarbeit an Externe delegieren und sich das Produktionsrad immer schneller dreht, krankt es an der Qualität dessen, was zwischen zwei Buchdeckel gelangt.“ Er nennt dafür zahlreiche Beispiele: „In Ulrich Ziegers Grossroman «Durchzug eines Regenbandes» (S. Fischer) gab sich der Verlag schnell geschlagen und mühte sich vergeblich an der Schreibung von Hans Albers, Mireille Mathieu, Carl Raddatz, Connie Francis und Creedence Clearwater Revival.“ Tom Kraushaar, Gesellschafter und verlegerischer Geschäftsführer von Klett-Cotta antwortet in der Süddeutschen Zeitung und bringt sich mit einem Verweis auf das VG Wort-Urteil selbst in die Defensive. Wer hat Recht?
Schöne Schinken: Die Jury der Stiftung Buchkunst, bestehend aus einigen der wichtigsten Herstellern der Branche, hat auch in diesem Jahr die „25 schönsten und innovativsten“ Bücher gekürt, darunter „Was glaubt ihr denn“ von Björn Bicker und „adibas“ von Zaza Burchuladze. Eine weitere Jury wählt aus diesen 25 schönsten Büchern nochmals einen einzigen Titel, der den mit 10.000 Euro dotierten »Preis der Stiftung Buchkunst« erhält. Dieser wird am 08. September 2016 auf einer großen Preisverleihung bekannt gegeben, also deutlich vor der in diesem Jahr vom 19.-23. Oktober stattfindenden Frankfurter Buchmesse.
Pausenvideo
Urheberrecht: #freieamhebel heißt der Hashtag, den der Berufsverband Freischreiber in diesem Video bekannt gemacht hat. Es geht um die Knetfigur Karl Urheber. Der ist freier Journalist und würde gerne wissen, was außerhalb des eigenen Kämmerleins mit seinen Texten geschieht. Das Thema bleibt wichtig: hier und hier habe ich darüber berichtet. In dieser Woche gab es außerdem ein Urteils zum Sampling (das nun offiziell erlaubt ist, Moses Pelham hat gegen Kraftwerk gewonnen). Dazu passend: „Mashup“ von Dirk von Gehlen.
Konsuminventur
Tütentriumph: Die 2800 REWE-Läden und der NABU kooperieren. Sie landen einen Coup: ab sofort gibt es nur noch Papier- und Jutebeutel, die letzten Plastiktüten werden rasch verkauft. Das berichtet Peer Schader hier im Supermarktblog. Komplett plastikfrei ist REWE allerdings noch nicht. Es gibt weiterhin überflüssige Schalen, Obstbeutel, Fleischfolien. „’Wir werden noch ein paar Monate brauchen, bis wir eine nationale Lösung dafür gefunden haben’, sagte Rewe-Vorstand Lionel Souque in Berlin. Die muss hygienisch sein. Und könnte aus einem wieder verwertbaren Baumwollnetz bestehen, das Rewe derzeit testet. Auf Dauer wird sich eine solche Lösung aber nur durchsetzen, wenn die Kunden die Netze zum nächsten Einkauf wieder mitbringen.“ Dennoch ist die Aktion ein schönes Signal: 140 Millionen Plastiktüten werden ab sofort eingespart: jährlich.