Linkradar: Leerstellenexperimente

Beatz & Kekse, nichts über den neuen Wunsch nach Digitaler Demenz, dafür aber „well made“-Texte, Jahresrückblicke und Weihnachten auf der Schatzinsel – Der Linkradar ist mehr als ein Blogroll, sondern auch Rechercheinstrument, das nach Kategorien geordnet Feuilletons, Freitextarchive, Wissenschaftssammlungen, Social-Reading-Plattformen, Literaturblogs, Online-Lexika, Netzliteraturprojekte, Faksimile-Archive und dergleichen mehr vorstellt.

gehlenIm Blick zurück entstehen die Dinge: Eine Reihe interessanter, manchmal auch ärgerlicher Jahresschauen bietet buchreport.de. Bestsellerautorin Nele Neuhaus wünscht sich eine stärkere Sanktionierung gegen Buchpiraterie und Lyra Dreher (Geschäftsführerin Sortimenter-Ausschuss im Börsenverein) höhere Preise für Literatur. Gunter Dueck ist sich sicher: „man sieht nur mit dem Herzen gut„, jedoch nicht mit den Abhörmethoden der NSA. Der frühere IBM-Technikchef Christian Spang bedauert „das Scheitern aller Bemühungen, ein Urteil in der Sache FAZ ./. buch.de abzuwenden.“ Dirk von Gehlen (Bild) bekommt einen neuen Namen und Wolfgang Tischherr (Gründer von literaturcafé.de) will das so genannte Amazon-Bashing beenden.

1484102_440407729393140_52431608_nSchöne Bilder: Gibt es von der BELLA 37-Releaseparty in Hildesheim, der einstigen Wirkungsstätte Stephan Porombkas, der gerade mit seinen Anmerkungen zum Twittern begeistert (dieser Momente als mir auffiel, dass Bret Easton-Ellis‘ Tweetexperimente im Twitteratur-Buch seltsamerweise gar nicht vorkommen).  Interessantester Gedanke: „Mit all dem verhält sich Twitter zum Buch wie die Performance zum Ölbild. Während die gedruckte Literatur und all ihre Institutionen darauf aus sind, Bleibendes zu schaffen, gibt sich das geschriebene Wort bei Twitter der fortlaufenden Bewegung hin. Hier gilt nicht: Wer schreibt, der bleibt. Bei Twitter gilt: Wer schreibt, der verschwindet, um das Nächste vorzubereiten.“

JennyGerade erschienen ist die „Jahresanthologie des Instituts für Sprachkunst der Universität für angewandte Kunst Wien“, oder kurz gesagt das absolut zu empfehlende Magazin JENNY. Ein erster Blick ins Buch zeigt die grafische Stärke des überraschend schwer in der Hand liegenden Buchs aus dem Ambra-Verlag. Viel wird in diesem Heft über Auslassungen und Leerstellen gesprochen („Es ist eine Diktatur der leisen Töne“), über das bereits beim Bachmannpreis verhandelte „Prinzip des well-made“ – kryptische Publikation, die sich vielleicht in einer knappen Vita hinten im Heft am besten vermitteln lässt, wenn Autor Jan Schillmöller lediglich zu Protokoll gibt: „Geboren. Lebt, schreibt & liest.“

1380282_10152369068197119_11506045_nIn eigener Sache: Im LesenMitLinks-Blog gibt es neue Texte über Dietmar Daths/Swantje Karichs Lichtmächte, über Die Rezension des Lebens (aus der Bella Triste), über Trainspotting und John Grisham (für 1LIVE) sowie über Filmisches Erzählen in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur der 2000er Jahre (für die französische Germanistenzeitschrift GERMANICA). Am kommenden Freitag liest Nilz Bokelberg in 1LIVE Klubbing, bereits heute sendet 1LIVE Shortstory „Weihnachten auf der Schatzinsel“ von Norbert Zähringer und ein besonderes Wuppertaler Highlight wird am Donnerstag Patrick Salmens Lesung im Beatz & Kekse (Bild rechts).

Jan Drees

Ich bin Redakteur im Literaturressort des Deutschlandfunks und moderiere den „Büchermarkt“.

Im Jahr 2000 erschien mein Debütroman „Staring at the Sun“, 2007 folgte ein überarbeiteter Remix des Buchs. Im Jahr zuvor veröffentlichte der Eichborn-Verlag „Letzte Tage, jetzt“ als Roman und Hörbuch (eingelesen von Mirjam Weichselbraun). Es folgten mehrere Club-Lesetouren (mit DJ Christian Vorbau). 2011 erschien das illustrierte Sachbuch „Kassettendeck: Soundtrack einer Generation“, 2019 der Roman „Sandbergs Liebe“ bei Secession. Ich werde vertreten von der Agentur Marcel Hartges in München.

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