Eine Schriftstellerin brät Karnickel und gerät in den Shitstorm ihres Lebens. Charles Bukowski ist zurück und eine unbekannte E-Book-Debütantin profitiert von Stephen King: Im LesenMitLinks-Linkradar der Woche, der nicht auf Amazon eingehen will, weil es langsam nervt (Firephone, Erpressung, Kartellrecht)
„Wenn ich von der Fabrik oder dem Schlachthaus nach Hause kam, fiel es mir sehr schwer, ein Gedicht zu schreiben, hinter dem ich nicht stand. (…) Das harte Leben schuf den harten Vers (…)“. Es gibt neue Stories und Essays vom 1994 verstorbenen Charles Bukowski – neben bereits Bekanntem gesammelt in „Held außer Betrieb“ (Fischer, 19,99 Euro), dazu die zweisprachige Ausgabe „There’s no business“ bei KiWi (6,99). Die schlechtesten Schriftsteller, auf die „der ganze Laden lückenlos reingefallen ist“ sind für ihn Shakespeare, E.A. Poes, Ibsen, G.B. Shaw, William Faulkner, Tolstoi und Gogol. Stattdessen gibt es etliche Bukowski-Standardsituationen, die man weder bei Ibsen, noch bei Faulkner finden würde:
„Ich wohnte mit einem Mädchen namens May zusammen, die sehr gut im Bett war, sich aber genau wie ich nicht ganz in die Gesellschaft einfügen konnte.“ (108) „Der Pfandschein für die Schreibmaschine war längst abgelaufen. Wir hatten sie versetzt, als ich auf Stütze war, und selbst da konnten wir sie nicht auslösen.“ (115) „Unter einem Vergewaltiger stellt man sich wahrscheinlich einen Typ vor, der heimlich in Fenster guckt und einen Stoß dreckiger Bilder in der Hosentasche hat.“ (24) Wobei letzterer Satz vor allem wegen dem „Stoß dreckiger Bilder in der Hosentasche“ exemplarisch für die Beobachtungsgenauigkeit des Amerikaners steht. Openculture drei grandios animierte Bukowski-Gedichte.
Singen können sie alle: Als die weißen Jungs schwarzen Rap zu imitierten, gelangte der Begriff „Nigger“ in den schwarzen HipHop, weil dieses Wort nicht von Weißen ausgesprochen werden darf. Jetzt steht der „schwarze, deutsche Autor“ Marius Jung in der Schusslinie, (Formulierung aus diesem SZ-Interview, siehe auch den RP-Wortwitz „schwarzer Humor aus Köln“) Die Werbung und das Cover für Jungs „Handbuch für Negerfreunde“ sollen mindestens so rassistisch sein wie der Blackfacing-Sketch 2013 von Denis Scheck. So sieht es der Studentenrat der Uni Leipzig, die Jung nun die paternalistisch begründete Anti-Auszeichnung „Der Preis ist heißßßß – oder auch nicht“ eingebracht hat.
„Nicht auf King-Niveau. Öde und öde„, urteilte eine Amazon-Kundenrezensentin, während eine andere Leserin schrieb: „Wahrscheinlich eines der besten Bücher, die Stephen King geschrieben hat.“ Dumm nur, dass die Leser aus versehen nicht den neuen Stephen King, sondern den ebenfalls „Joyland“ betitelten Debütroman der Autorin Emily Schultz bestellt haben. Einen Shitstorm gab es nicht, weil diese Woche alle Aufregung für Kollegin Jeannette Winterson (die hier im Berlin Verlag und bei Hanser erscheint). Die Britin erdreistete sich, einem Feldhasen das Fell abzuziehen um ihn dann an sich selbst und ihre Katze zu verfüttern: inklusive Live-Tweets. Das kam gar nicht gut an.
In eigener Sache: in 1LIVE Plan B war ich mit Moderator Max von Malotki und dem „99 Fragen“-Interviewbuch (das Beitragsbild ist ein Druckfehlerfundstück – Mark Wahlberg-Fans werden fündig, wenn sie auf die LesenMitLinks-Startseite gehen) hier nachzuhören, mit „Held außer Betrieb“ von Charles Bukowski und dem „Zombie“-Band der Zeitschrift für Kulturwissenschaften, hier nachzuhören. Journalist Stefan Möller (textstatt) hat im Leo-Magazin die fünf schönsten Literaturblogs vorgestellt, darunter Intellectures von Thomas Hummitzsch, Begleitschreiben von Lothar Struck, Buzzaldrins von Mara Giese, den Blog von Stefan Mesch und LesenMitLinks. Das ist schön.
Konsuminventur
In diesen Tagen gib es so viele Konsumphänomene, dass die Beschränkung auf nur eines schwer fällt: Viral ungemein erfolgreich ist der offenherzige Sport für ein Menstruations-Starter-Set von „Hello Flo“ (auf der Seite gibt es auch Postpartum-Kits mit Unterwäsche und extra starken Always-Slipeinlagen und das „Camp Kit“ mit Tampax und bunten Lollies). Erinnert ein bisschen an diese Koch-Pakete (Bild), die einem abgepackte Zutaten mit Rezept zum selber kochen (aber nicht selber denken) senden. Ein anderes großes Thema war IKEA-Hackers, ein wunderbares Blog, das gerade von den Schweden abgemahnt wurde (warum das keine gute Idee ist erklärt sehr smart das Rechtsmagazin Legal Tribune.