#96 Das neue Jahr ist bereits zwei Wochen alt und nach dem verdienten Teneriffa-Urlaub stellt „Lesen mit Links“ fest, dass Amazon-Gründer Jeff Bezos gleichzeitig der reichste Mensch der Welt ist mit einem geschätzten Vermögen von 100 Milliarden US-Dollar, während zeitgleich der italienische Verlag von Elena Ferrante beklagt, der Onlinehändler verlange einen Rabatt von 50 Prozent. „Amazon hart nun alle Edzioni e/o-Titel an den Verlag zurückgeschickt, dazu gehören auch übersetzte Werle von Alice Sebold, Christa Wolf und Christoph Hein. Bücher des Verlags können nun bei Amazon nur noch über Drittanbieter bezogen werden.“ In Deutschland ist Elena Ferrante gleich dreimal unter den Top 25 der Belletristik-Hardcoververkäufe des vergangen Jahres.
Baby, es gibt: Amina Handke, Tochter von Peter Handke, hat dem Standard ein großartiges Interview gegeben (hier). Seitdem wissen wir, dass ihr Vater Taxifahrern mindestens fünf Euro Trinkgeld gibt und dass er spezielle Geschenke schätzt, und es gibt eine eigene Art, mit dem Ruhm des Vaters umzugehen: „Aber hab ich mal was kritisiert an ihm, dann kam aus irgendeiner Ecke jemand daher und sagte: ‚Er ist doch ein Genie!‘ Als wäre das ein Grund, ihn super zu finden! ‚Oh, der verkochte Reis ist von einem Genie! Da schmeckt er doch gleich viel besser!‘“
Sind Blogs in der Krise? Das fragt Ilja Regier an dieser Stelle auf muromez.com und fragt, weshalb es kaum noch neue, interessante Literaturblogs gibt. „Thomas Brasch macht mit brasch & buch Schluss, Sophie Weigand hält sich auf Literaturenleider zurück in den vergangenen Monaten, auch von Claudia Pütz (Das graue Sofa) lese ich mittlerweile wenig. (…) Auf Instagram passiert gerade das, was der Literaturkritiker moniert – was die Leute aber genau wollen: snackable content – fix inhaliert.“ Sein Fazit: „Literaturblogs müssen sich nicht neu erfinden. In meinen Augen trennt sich derzeit die Spreu vom Weizen. Alle, die dachten, dass man kurzfristig mit einem Buchblog unkompliziert ohne Ende Rezi-Exemplare bekommt, die den SUB ins Unermessliche wachsen lassen, werden weggespült.“ (Bild)
Glosse: Florian Felix Weyh hat für den Büchermarkt eine kostenlose Publikation rezensiert und echauffiert sich über den Frühjahrskatalog des einst renommierten Kösel-Verlags. „Nehmen wir ‚Enkelfreuden & Großelternglück’: „Großeltern sind oft unsicher, wie sie die kostbare Zeit mit ihren Enkeln gestalten sollen.“ – Mein Gott, ja! Denn Großeltern hatten nie Kinder – bekanntlich ist das biologisch ausgeschlossen – und wissen deswegen nicht, was man mit ihnen anstellen soll. Und dann die vielen juristischen Fallstricke!“ Und weiter: „Das Buch „Was ist katholisch“ schreibt ein EDV-Techniker und das „Trendthema weibliches Mondwissen“ wird von einer „selbstständigen Ayurveda-Beraterin“ aufbereitet, die ja im Gegensatz zu den Heerscharen an verbeamteten Ayurveda-Beraterinnen weisungsungebunden arbeitet.“
Pausenbild
Ein Fundstück aus der aktuellen Ausgabe von „DB Mobil“: Der Mediävistikbegeisterte fühlt sich selbstverständlich hingezogen zu Einhörnern, also jenen Symbolwesen der mittelalterlichen Literatur, die unendlich viele Bedeutungen haben – es kann für das Gute stehen, für die jungfräuliche Maria, für die Menschwerdung Gottes, für betörende Liebe, die Keuschheit. Jedoch: „Nach der in Indien entstandenen Legende von Barlaam und Josaphat bedeutet das E. (oder Löwe und Kamel) den Tod. In der Parabel von dem „Mann im Brunnen“ oder dem „Mann im Baume“, die der Einsiedler dem Königssohn erzählt, flieht der Mensch vor dem E. in den Abgrund der Welt (RDK I 1452–58).“ DB Mobil dagegen listet lediglich auf, mit welchen sozialen Situationen das #Einhorn auf Instagram vertaggt wird.
Konsuminventur
Eine Auswertung des Verzeichnisses lieferbarer Bücher hat ergeben, dass die 99-Cent-Preise für Bücher auf dem Rückzug sind. Niemand konnte die Behauptung erhärten, „es gebe eine magische Preisschwelle von beispielsweise 9,99 Euro, oberhalb derer (also bei zehn Euro) der Kunde ein Buch nicht kaufen würde“, berichtet der Buchreport. Lagen zum Beispiel 2015 nur 22 Prozent der Sachbuchtitel bei x,00 Euro, sind es 2017 bereits 33,9 Prozent. „Die Verlage äußern sich auf Anfrage nur spärlich zum Thema Preisendungen, teilweise wegen kartellrechtlicher Bedenken.“
Buch der Woche
Hyperaktiv ist der Frischling dieses liebevollen Bilderbuchs von Yvonne Hergane und Wiebke Rauers: „Während seine Geschwister wie am Spinnfaden hinter Mama hertrotten, hufelt Borst ständig aus der Reihe.“ Borst vom Forst verletzt sich beim Stöbern an einer Muschel, die aus unerklärlichen Gründen im Wald gelandet ist. Dieses Ding verstört, weil es der Frischling nicht einordnen und nur „Tutweh“ nennen kann. Er macht sich auf die Suche nach der Herkunft dieses für ihn gefährlichen Objekts und fragt verschiedene Tiere, die ihm allerdings nicht weiterhelfen können; bis er eine Robbe trifft. Die einfallsreiche Sprache von Yvonne Hergane korrespondiert mit der kulleräugigen Figur und den schreiend komischen Bilderbuchszenen Wiebke Rauers’. (Yvonne Hergane, Wiebke Rauers; „Borst vom Forst“, Magellan Verlag, 32 Seiten, 14 Euro)
[…] verfängt in Bilderbüchern nahezu immer; ob bei „Borst vom Forst“ von Yvonne Hergane (hier), beim kleinen Kaktus aus „Komm kuscheln“ (hier) oder in „Monsta“ von Dita Zipfel (hier) […]