Der Sommer war lang und ist zum Glück noch nicht beendet. Für alle, die in den vergangenen Wochen am Strand gelegen haben gibt es hier Teil 1 meines Linkradar-Updates. Viel ist geschehen: Mirandy July veröffentlichte ihre Messenger-App „Somebody“. Intro erklärt: „Statt dein Anliegen direkt an die gewünschte Person zu richten, wird die Nachricht (Wahlweise inklusive Handlungsanweisungen wie »Hug« oder »Cry«) an eine per GPS ortbare und registrierte, aber völlig fremde Person (»Somebody«) weitergeleitet. Diese Person überbringt dem gewünschten Empfänger dann die Mitteilung persönlich.)“ Die Buchbranche ist noch einmal um eine #Aufschrei-Debatte herumgekommen. IKEA kopiert die Applewerbung und kommt den Vorzügen eines gedruckten Buchs auf die Schliche. Und Alexander Fest wechselt seine Stelle bei Rowohlt . (Teil 2 des Sommer-Updates folgt in der kommenden Woche).
Der große Champagner-Feuilletonist und Kulturbetriebspornograph Fritz J. Raddatz erklärt seinen Abschied vom Journalismus. „Ich habe mich überlebt“, schreibt er. „Meine ästhetischen Kriterien sind veraltet, das Besteck des Diagnostikers rostet, meine Gierfreude am Schönen der Kunst ist zu Asche geworden, der gefiederte Pegasus, mit dem ich durch Bild und Text galoppierte, lahmt. Diese Welt (…) weicht von mir, gibt mir keine Kunde mehr; ich bin aus der Welt gefallen. Ihre Zeichen werden mehr und mehr zu Rätseln – unlösbar oft, abstoßend nicht selten, sind meiner Lebensart, meinem Habitus, meinem – Pardon für das harte Wort – Geschmack ungemäß.“ (Bild: Wikipedia)
Selbstgemachte Hybris: Stefan Holzhauer hat auf phantanews.de einen „Offenen Brief der Selfpublisher an den Buchhandel“ veröffentlicht: „Wir Selfpublisher sind der Meinung, dass kein Buchverkäufer den Verkauf von Büchern behindern oder gar Kunden vom Kauf von Büchern abhalten sollte. Der Buchhandel hat kein Recht, eine Autorengruppe, »in Beugehaft« zu nehmen.“ Ins gleiche Horn stößt auch dieser Post über eine jüngst erwirkte Unterlassungserklärung, die Amazon verpflichtet, „in Zukunft keine Nachlässe im Zusammenhang mit Kundenbeschwerden beim Verkauf von Büchern zu gewähren.“ Buchpreisbindung. Da war doch was.
Carl Morris ist einen Tag älter als MTV und trotz CD-Sozialisiation Vinyl-DJ. Seine Vorliebe fürs “Sleevefaces”, bei der ein Plattencover an den Körper eines Fans gehalten und abfotografiert wird, entdeckte Morris, als er die Paul-McCartney-Soloplatte “McCartney II” auflegte. Gemeinsam mit Kumpan John Rostron gründete er das walisische Plattenlabel “My Kung Fu” und die wunderbare „Sleeveface“-Homepage, auf der alle Fans dieser Technik ihr Foto einstellen können. (Hoffmann & Campe, 188 Seiten, 12 Euro). Dass das Ganze ebenso gut mit Büchern funktioniert beweisen die Kollegen des französischen Corpuslibris-Blogs.
Legomovie und mehr: Vor einigen Jahre spielte Harald Schmidt gemeinsam mit Manuel Andrack große Opern und Theaterstücke mit Playmobil nach, erklärte die griechische Götterwelt und die deutsche Literatur mit den kleinen Plastikmännchen. Wie abgeschaut, aber sehr gut abgeschaut wirken diese Bilder, die anlässlich des Lego Movies entstanden sind: Romeo und Julia kurz vorm Tode und Graf Dracula im Schlafzimmer (mit einer Batman-Legofigur als Rächer Jonathan Harker). Auf Twitter gibt es unter dem Hashtag #LEGOLit weitere Szenen aus Macbeth, dem Gruffalo und sogar „War of the Worlds“ (Worüber ich bald aus diesem Grunde mehr schreiben werde).
In eigener Sache: Der Sommer war vollgepackt mit neuen Geschichten, Veröffentlichungen, schönen Begegnungen – beispielsweise auf der Gamescom und beim Internationalen Literaturfestival in Berlin (wo ich Literaturfan und Autogrammjäger Bodo Hoepner endlich persönlich traf – von ihm ist auch das Beitragsbild). Anlass war der gerade erschienene „New Level“-Sammelband im Metrolit-Verlag (herausgegeben von Thomas Böhm). Außerdem erschien „Dichterjuristen – Studien zur Poesie des Rechts“ bei Königshausen und Neumann (herausgegeben von Yvonne Nilges) mit meinem Aufsatz über „Kontingenz und Recht“ bei Georg M. Oswald.
Konsuminventur
Wieviel frisst, säuft, fährt Deutschland? Diese Echtzeitanimation zählt bruchlos, wie viele Rollen Toilettenpapier im dm-Drogeriemarkt übers Band laufen und wie viel Umsatz mit Büchern und E-Books gemacht wird. Die Faszination dieses Darstellungsprinzips, dass man von der National Debt Clock oder der Weltbevölkerungsuhr kennt besteht in der Sichtbarkeit von schnell verdrängten Statistiken. So wird annähernd so viel Obst wie Fleisch in Deutschland verkauft, fünfeinhalb mal mehr Kohle fürs Glücksspiel als für Spenden ausgegeben und, ebenfalls überraschend, immer noch mehr als 90 Prozent des Konsumbedarfs offline besorgt.
[…] Sobooks startet. Es gibt einen Rückblick auf eine absurde Rezensionsdebatte (und damit wird Teil 2 meiner vor Kurzem eröffneten Sommerferienschau beendet) und zum Abschluss koche ich Entenbrust „mit sommerlicher Pflaumensauce, Brokkoli und […]
Um einen realisitschen Blick in die Konsumwelt zu kriegen ist die Echtzeitanimation von Kaufda besonders für uns Studenten sehr hilfreich! Bin gespannt mit was uns Kaufda , nachde sie auch den größten Rivalen meinprospekt übernommen haben, noch so alles überraschen wird!