Am heutigen Sonntagabend schließt die Buchmesse in Frankfurt ihre Türen. Beim größten Treffen der internationalen Buch- und Medienbranche wurden in diesem Jahr rund 7.300 Aussteller aus 102 Ländern erwartet. Ehrengast war in diesem Jahr unser Nachbarland ist Frankreich. Es wurde aber nicht nur über Literatur gesprochen, sondern auch über die politischen Entwicklungen der vergangenen Monate – und welche Auswirkungen diese haben für das literarische Feld.
Als am Dienstagabend dieser Woche die Frankfurter Buchmesse feierlich eröffnet wurde, da fiel ein Satz, der programmatisch für jenes Problem steht, das in den folgenden Tagen zirkulierte während der Partys, Lesungen und Empfänge, der Verlagstermine und Raucherpausen auf der Agora zwischen den Messehallen. Buchmessendirektor Juergen Boos sagte an diesem Abend: „Wir liberal-demokratisch gesinnte Büchermenschen müssen in Zeiten, in denen die Verbreitung von Angst und Hass wieder gesellschaftsfähig wird, mit attraktiven Gegenentwürfen antworten. Wir haben die besseren Geschichten, bei uns gibt es die menschenfreundliche Variante.“ Er sagte das in einem selbstbewussten Ton, als seien Büchermenschen automatisch liberal-demokratisch gesinnt, als gäbe es nicht auch den neurechten Verlag Antaios vom Rittergut Schnellroda, der nach zehnjähriger Pause wieder vertreten war auf dieser Messe, wenn auch unter dem Protest der restlichen Branche. „Finis Germania“ erscheint in diesem Verlag, ein Buch, das für Aufregung gesorgt hat, weil es Auschwitz als Mythos bezeichnet.
Selbstverständlich ist es Unsinn, dass die Liebe zu Büchern einhergehen muss mit einer politischen Gesinnung – aber so sieht sich ein Teil der Buchbranche gern. Deshalb erscheinen in diesem Jahr auffallend viele Titel, die von Aussteigern erzählen wie in Heidi Benneckensteins „Ein deutsches Mädchen“ oder gleich eine AfD-Dystopie für Jugendliche entwerfen wie in „Endland“ von Martin Schäuble aus dem Programm des Hanser-Verlags. Überdeutlich war zu sehen: Wir müssen uns abgrenzen von den Rechten, von jenen, die anders denken, seltsam diskutieren, von jenen, die provozieren und in ständiger Täter-Opfer-Umkehr, nein, nicht den Brunnen, aber doch den Diskurs vergiften. Wie umgehen mit Rechts? Das war eines der größten, das war eines der wichtigsten Themen dieser Buchmesse. Dabei wurde aber nicht nur von Problemen, sondern viel von Lösungen gesprochen. Am Ende stand fest: „Wir müssen reden.“
Man kann die rechte Bürde auch systemtheoretisch mit Niklas Luhmann betrachten, dem Meister der Analyse von und mit Differenzen. Luhmann hat vor vielen Jahren beschrieben, wie ein Diskurs in Differenzen gelingen kann – genauer hat er in Abgrenzung zu Jürgen Habermas beschrieben, weshalb es immer eine Differenz geben muss, damit kommuniziert werden kann. Luhmanns Vorschlag war jener, dass eine Kommunikation, die mit einer Differenz beginnt, am Ende nicht zu einer Einheit gelangen sollte, sondern zu einer besseren, zu einer klügeren Differenz. Auf dieser Basis kann man streiten: über das Vater- oder Abendland, über Familienkonstellationen, über konservative Werte, deutsche Hausmannskost und über die Ängste jener, die sich abgehängt fühlen.
Am besten würde ein derart offener Diskurs gelingen mit dem nun erschienenen Leitfaden von Per Leo, Maximilian Steinbeiß und Daniel-Pascal Zorn, der ganz schlicht heißt. „Mit Rechten reden“ – und, man mag es bei dem Thema kaum glauben – der ungemein ironisch, schlau und wirklich libertär gesinnt daherkommt, der nicht links ist, auch nicht rechts, sondern; dialektisch auf vornehmste, auf denkbar unterhaltsamste Weise. In diesem Buch steht ganz zum Schluss ein erster Vorschlag zur Güte, der auf rhetorisch brillanter Weise zusammenfasst, was es bedeutet, eine Differenz als Differenz stehen zu lassen. „Tut es doch!“ schreiben die Autoren mit Blick zu Pegida, Antaios und AfD: „Lest doch Goethe und Kafka, dichtet doch mittelhochdeutsche Lyrik nach, pflegt doch deutsche Bräuche und Landschaften, tanzt doch um die Maibäume, erforscht doch die Geschichte eurer Heimatdörfer. Tut es doch einfach! Niemand hindert euch daran. Ihr müsst euch nur darauf gefasst machen, bei der Vaterlandspflege andauernd auf Fremdes zu stoßen. Ihr werdet irgendwann merken, dass die Blumen in eurem Garten vor langer Zeit aus fernen Ländern zu uns gekommen sind, und dass die Namen eurer Dörfer und Familien oft in ausländischen Zungen zu euch sprechen. Und irgendwann werdet ihr natürlich auch auf Nazis stoßen. Da könnt ihr gerne weggucken, eure Sache. Aber verkauft uns das dann bitte nicht als »deutsche Geschichte«. Aus der kann man doch die Verbrechen der Deutschen nicht einfach abziehen wie einen unbequemen Bilanzposten.“ – Hier endet das Zitat und beginnt zugleich jenes Gespräch, das stattfinden sollte, wenn die Frankfurter Hallen heute geschlossen werden, spätestens aber, wenn die Messe-Erkältung auskuriert worden ist. Mit neuen Büchern im Gepäck wird es ein interessanter Herbst. Wir sind gespannt auf das Gespräch.
Schwachsinn, eine kommunistische Labberei, in leeren Phrasen und unbegründeten Anschuldigungen verpackt. Ein typisches Produkt eines leeres Gehirns der nur mit grünem Mißt gefühlt ist.
Ich weiß, der Begriff ist mehrdeutig – und weil ich gerade unterwegs bin zitiere ich kurz Wikipedia, auch wenn das der leichteste Weg ist: „Heute wird das Adjektiv „libertär“ im Gegensatz zu „autoritär“ auch mit Bezug auf das politische Spektrum für eine freiheitliche Wertorientierung im gesellschaftlichen Bereich verwendet – unabhängig von der anderen ideologischen Hauptachse, die sich auf die wirtschaftspolitische Ausrichtung auf einer Skala „sozialistisch“ versus „marktliberal“ bezieht.“
Vielen Dank, schöner Kommentar – aber „libertär gesinnt“? Echt nicht. Wie kommen Sie denn darauf?
[…] Deutschlandfunk-Büchermarkt-Redakteur Jan Drees bloggt und spricht einen Kommentar, der größtenteils aus einem Zitat aus einer Neuerscheinung zum Thema […]
Hier geht es weiter: http://www.spiegel.de/kultur/literatur/frankfurter-buchmesse-die-auseinandersetzung-mit-den-rechten-a-1172953.html