Er hat über seine Zeit im Gefängnis, im Berliner Technoclub “Berghain“, über schwulen Sex und Porno-Englisch geschrieben; “Airens“ Debütroman “Strobo“, aus seinem sehr wilden Blog entstanden, steht momentan in der Diskussion, weil Bloggerkollege Deef Pirmasens aufgedeckt hat, dass die 17-jährige Helene Hegemann für ihr Debüt “Axolotl Roadkill“ teilweise bei “Strobo“ abgeschrieben hat, Im Gegensatz zu Helene hat Airen allerdings erlebt, was er da in einer verdrogten, genialistischen, wilden, absolut stilsicheren Sprache beschreibt. Der Berliner Kultautor und Blogger “Airen“ hat sich endgültig ins Privatleben zurückgezogen. Hier gibt er das definitv letzte E-Mail-Interview.
Welcher Aspekt der gegenwärtigen Diskussion um Deine Person beschäftigt Dich, was irritiert, verwundert, stört? Da ich (noch) anonym bin, gebe ich als Person nicht viel Angriffsfläche. Man kennt ja nur die Passagen meines Lebens, die ich niedergeschrieben habe. Insgesamt hat sich die Presse bislang sehr fair mir gegenüber verhalten. Lustig finde ich aber die Vermutungen, ich sei Deef Pirmasens oder der Vater von Helene Hegemann.
Welche Bedeutung hat für Dich das Zitat von Rainald Goetz, „notwendig ist das einfache Abschreiben der Welt“? Auch wenn ich das Zitat nicht kenne, könnte man das auch als Maxime für mein Schreiben bezeichnen. Eben so genau wie möglich die Originalerfahrung in Worte zu fassen. Das ist natürlich unmöglich, ein ständiger Kampf um die größtmögliche Annäherung. Goetz ist der Einzige, der es schafft dass du dich so fühlst, als wärst du im Club, während du eigentlich nur ein Buch liest.
Was ist der Unterschied zwischen „Knast“, in dem Du ja auch warst, und dem Berliner „Nachtleben“? Es ist das exakte Gegenteil.
In „Strobo“ steht der Satz: „Entweder schreibst Du richtig, nur noch, oder du lässt es“. Wie findet der Kampf zwischen diesen beiden Möglichkeiten aktuell in Dir statt? Im Moment lasse ich es.
Über Alkohol heisst es in “Strobo“ in einem Kopfschmerzen bereitenden Satz: „Es soll ja nicht schmecken, es soll wirken“. Gilt das auch für Deine Literatur? Ich denke bei Literatur kann man da keinen großen Unterschied machen. Was wirkt, schmeckt.
Reagieren Deine in „Strobo“ besorgten Eltern auf Dein Buch – oder weiss auch Deine Familie nicht, wer diesen (Blog-)Text veröffentlicht hat? Da möchte ich mich nicht äußern.
Was kannst oder willst Du über Dich preisgeben? Erstmal nicht mehr als notwendig. Ich bin sprichwörtlich von einem Tag auf den anderen der Öffentlichkeit bekannt geworden. Ich muss mir das alles noch überlegen.
Gibt es gute Gründe, heute noch anzunehmen, Dein Beiname sei “Maßlos“ – wie in “Strobo“ beschrieben? Ich nehme mich zunehmend zurück. Aber Maß halten kann ich nicht. Deswegen verzichte ich lieber im Vorhinein auf Situationen, die sonst garantiert wieder in Exzessen enden würden.
Man hört, Airen gäbe es nicht mehr – aber etwas bleibt immer, nachdem jemand gegangen ist – was ist das bei Dir? Ganz konkret eine ganze Menge Narben. Gottseidank keine Krankheit. Viele Erinnerungen an extreme Gefühle. Und daraus abgeleitet vielleicht auch eine relaxtere Sicht auf viele Dinge.
Was natürlich jeden Studenten interessiert: Wie vereinbart man Deiner Meinung nach Vorlesungen, Hausarbeiten, Seminare und ein exzessives Nacht-Party-Liebes-Leben? Das ging eigentlich. Ich war nie viel an der Uni und habe immer erst kurz vor den Examen angefangen zu lernen.
Du hast mit dem Feuilleton gesprochen, mit vermutlich „nüchternen“ Menschen, die Dein Leben nicht in ähnlicher Weise gelebt haben. – Wie prallen hier zwei Welten aufeinander und gibt es Aspekte, die Dich belustigen? Eigentlich war das gar nicht so ein Aufeinanderprallen. Ich werde ja auch erst ab einer gewissen Menge Drogen zum „Airen Man“. Das waren eigentlich ganz interessante, konzentrierte Gespräche.
Wonach sehnst Du Dich jetzt, in diesem Moment, am meisten? Vielleicht Zeit zum Schreiben.