Wie kommt eine lange Nacht zum kurzen Text? Vor dieser Aufgabe stehe ich jeden Sonntagmittag nach Fünf-Stunden-Schlaf, Aufwachdusche, Aspirinschock und Frust, weil die Bäckerei mal wieder um halb eins geschlossen hat – Croissants als Frühstück fallen aus. Bis 16 Uhr erwartet die WZ-Redaktion meine Artikel über DJ-Sets und Elektro-Popisten, über Flashlight-Momente, 3-Uhr-Mix, Cuts & Scratches. Normalerweise geht man als Journalist zu einem Termin, wartet, bis die Veranstaltung beendet ist, schaut später am Schreibtisch in seinen Block und hat üblicherweise nicht das Problem, dass die Hälfte unleserlich geworden, ein Blatt auch mal verschwunden ist, im Club vergessen wurde usw. Mir passiert das häufig. Bisweilen finde ich die Aufzeichnungen der Nacht spätabends irgendwo in meiner Wohnung. Dann ist der Artikel längst gesetzt. Ist er deshalb falsch? Nein. Das Wichtige bleibt. So oder so. Notizen sind im Clubjournalismus nur schmückende Ornamente. Wenn diese Ornamente jedoch allzu sehr wuchern, ineinander wachsen, werden Sätze wie die untenstehenden geboren. So etwas nennt man dann vermutlich Freestyle. Dennoch müssen sie wahr bleiben. Artikel dürfen niemals die Wirklichkeit erfinden. Darin unterscheidet sich der WZ-Journalist vom 45rpm-DJ
(Der Text erschien im Wuppertaler Clubmagazin @home, Ausgabe Dez/2004)