William Shakespeare begann seine Stücke stets mit einem Knaller, einem unerhörten Ereignis. Somit sicherte er sich die Aufmerksamkeit des Publikums, welches sein Bühnengeschehen ansonsten ignoriert hätte. Sven Regener, Autor des Wenderomans „Herr Lehmann“ hat diese Möglichkeit in Wuppertal nicht umgesetzt.
Am Freitagabend begann seine Lesung mit einem belanglos, doch nicht weniger kunstvoll erzählten Badebesuch seines Endzwanziger Kreuzberg-Helden. Im „Zett“ herrschte vielleicht deshalb keine Ruhe. Blondierte Brigitte-Frauen orderten lautstark Ramazotti auf Eis und fühlten sich augenscheinlich schwer kulturbewusst. Die bedienenden Studenten nahmen weiter Bestellungen an, spülten hinter der Theke schmutzige Longdrink-Gläser, zerkleinerten Eis, schäumten mit einer Maschine Cappuccino-Milch auf und gebärdeten sich wie der lebende Soundtrack zum Buch.
In diesem schleicht „Herr Lehmann“ kellnernd, palavernd, lakonisch die Liebe seines Augenblicks verfolgend, durchs West-Berlin der unmittelbaren Vor-Wende-Zeit. Ein Romanstück, für das der Element of Crime-Sänger von der Kritik gelobt, von seinen Fans gefeiert wurde. An sich war die Lesung im „Zett“ ein Ereignis, da Regener ungern, daher geradezu nie liest. DJ Uwe Bauer, der später auch Schallplatten auflegte, hatte den Autor ins Tal eingeladen. Persönliche Verbindungen – Bauer war einst Schlagzeuger beim ersten Element of Crime-Album – verhalfen somit zwar zur Umsetzung, nicht jedoch zum Gelingen des Abends, den man nach einer halben Stunde (ohne etwas verstanden zu haben) besser verließ, um die Spätvorstellung der Lehmann-Kinoadaption zu besuchen.
(Sven Regener: „Herr Lehmann“, Eichborn, 304 Seiten, 19,99 // Ullstein, 8,95 Euro)