Die Lebensgeschichte der Debütautorin Claire Vaye Watkins klingt nach Hollywood. Denn die 28-jährige US-Amerikanerin ist die Tochter von Paul Watkins, der „rechten Hand“ des nachwievor inhaftierten Schwerverbrechers Charles Manson.
Nichts schmerzt einen Leser mehr, als dabei zu sein, wenn eine grandiose Geschichte verhunzt wird. Claire Vaye Watkins (28) ist die Tochter des Manson-Family-Mitglieds Paul Watkins. Die „Manson Family“ hat 1969 Sharon Tate, die schwangere Gattin von Regisseur Roman Polanski, ermordet. Es gibt unzählbare Bücher, Reportagen und Filme über diesen Fall, die beiden besten sind vermutlich die Dokumentation „Helter Skelter“ von Vincent Bugliosi, dem verantwortlichen Staatsanwalt – und der Roman „Das Scherbengericht“ von A.F.Th. van der Hejden.
Paul Watkins hat die Filmmusik zum oskarnominierten Dokumentarfilm „Manson“ geschrieben. Und dann erzählt seine Tochter in ihrer Charles-Manson-Geschichte von der Gründung der Stadt Reno 1859 und von Whiskeyküssen mit einem Filmproduzenten 150 Jahre später. Zwischen der Gründung des Ortes, an dem die Nachfahrin des Manson-Familymitgliedes wohnt und diesen Küssen liegen die vielen, vielen Morde. Was macht Claire Vaye Watkins daraus? Ein Stammeln.
Es ist jedoch nicht das Stammeln der Fassungslosen, der eine unsagbare Geschichte im Mund umherirrt. Es ist das hilflose Stammeln einer Autorin, die nicht weiß, wie man Geschichten schreibt. Mit dem Halbsatz „ich hab einfach immer so viele Sachen im Kopf“ endet die Manson-Geschichte. Sie steht exemplarisch für den kompletten Kurzgeschichtenband. Es geht um zugekokste Teenager, die ihren Nachbarn die Kehle durchschneiden. Es geht um eine junge Frau, die schwanger wird und fortan von ihrem Mann terrorisiert wird, doch endlich eine echte Hausfrau, eine gärtnernde Mami zu werden. Und in wirklich jeder, dieser vordergründig interessanten Geschichten wählt Claire Vaye Watkins die umständlichste, langatmigste und verwirrendste Art, zu erzählen. Starke Stories – schwache Literatur. Eine Leistung ganz besonderer Art.
(Claire Vaye Watkins: „Geister, Cowboys“, übersetzt von Dirk van Gunsteren, Ullstein, 300 Seiten, 19,99 Euro / Vincent Bugliosi, Curt Gentry: „Helter Skelter – Der Mordrausch des Charles Manson“,übersetzt von Anke + Eberhard Kreutzer und Egbert Baqué, riva, 784 Seiten, 29,99 Euro / A.F.Th. vam der Hejden: „Das Scherbengericht“, übersetzt von Helga van Beuningen, Suhrkamp, 1168 Seiten, 39,95 Euro)