„Ich weiß nicht, ob es dich und deine Welt wirklich gibt“, singen Studio Grande auf ihrem neuen, ihrem zweiten Album. Mit dieser Skepsis sind die Jungs, die beim Wuppertaler Label „Paul!“ veröffentlicht werden, in bester Gesellschaft. Matrix Reloaded, die Frankfurter Schule im Adorno-Jahr, Castingshows, die eine scheinbare Wirklichkeit „durch Entdeckung“ im eigentlichen Sinne herstellen, formulieren eine Sehnsucht nach Authentizität hinter der virtuellen Fassade. Und sie muss virtuell sein. Dafür erscheint uns die gegenwärtige Krise zu irreal, bizarr. Studio Grande spielen Gitarrenmusik in die allgemeine Melancholie. Wie Bestätigung. „Nie warst du so weit von mir“, heißt es in „Viertel vor fünf“, obwohl in den Köpfen vielmehr kurz vor Zwölf ist, bis der nächste Hype die Zeiger zurückzudrehen scheint.
Zu dieser Melancholie passt, dass „Studio Grande“ am Sonntag bei ihrem lauten, rockenden, stimmigen Börse-Auftritt in eine nahezu leere Halle gespielt haben. Wo Talente verwehen, muss sogar „Jona“ aus Dortmund als Einmann-Vorband mit Gitarre und selbstprogrammiertem Background „In den Slums“ intonieren, als besänge er Wuppertal, den Abend, den Blick auf ein Draußen, in dem längst Herbst und Regen ist. Die begleitende Vernissage, von den „Wohnwerk“-Szeneschreinern organisiert, bot Serbische Impressionen neben vernebelten Filmzitaten, Sängerportraits, Anatomiezeichnungen und ein Gefühl von: „Wir können es (doch)!“ Die Sportfreunde Stiller haben 1999 in der Börse auch vor 15 Mann gespielt. Doch das ist kaum mehr Trost als der Börsencrash anderer Leute. Sonntag war Talentverschwendung auf hohem Niveau und damit mitten im Zeitgeist.