Schaut auf dieses Buch! Da stehen diese zwei schlimm gekleideten Touri-Russen mit rot getönter Skibrille im Bergretter-Outfit vor einer öden Seelandschaft und grinsen unbelesen in die Kamera. Das sind, tatsächlich, die Brüder Presnjakow, hoch erfolgreiche Theaterautoren unserer Zeit, so was wie „der heiße Scheiß“ im Feuilleton. Zum Todlachen! Aber vielleicht wollen sie genau das, wie die Helden ihres unglaublich komischen Debütromans „Tötet den Schiedsichter“, die eigentlich auch nur einen Zweck erfüllen sollen: unterhaltsam sein, auf Teufel komm raus.
Der Plot ist schnell erzählt: Vier Loser aus der russischen Provinz reisen nach Ankara, um den Schiedsrichter, der ihrer Nationalmannschaft die EM verhagelt hat, mit Pfeil und Bogen zu erschießen. Ihr Motto: „Richte nicht, auf dass du nicht gerichtet wirst.“ Ihr Plan hätte sogar eine Chance, wäre da nicht Ilses baltische Stripteaseshow aus dem türkischen All-inclusive-Hotel, bei der die Jungs unbedingt mitmachen wollen. Ihre Begleitung, Natascha, kann darüber nur den Kopf schütteln. Sie ist der bodenständige Part des Quartetts, eine windige Geschäftsfrau, die von Russland aus mittellose Landsfrauen an westeuropäische Dicksäcke verdealt.
Ohne Natascha wären die Herren der Schöpfung vermutlich verloren. Der eine arbeitet als Scharfschütze in einem Atomkraftwerk, während seine Kumpels Pepsi und Hot Dog ihre Kohle als Parkplatzwächter und -diebe verdienen. In den Pausen zapfen sie Benzin aus jenen Wagen, die sie eigentlich bewachen sollen. Ihre Hobbys erinnern an typische Sehnsüchte seniler Yellowpress-Senioren: Fußball und Genealogie. Letzteres heißt neudeutsch Ahnenforschung und informiert Hot Dog beispielsweise, dass er mit „Ab Lai, genannt Der Schlächter, großer Krieger der Goldenen Horde“ verwandt ist. Die Goldene Horde war der berüchtigte Trupp von Dschingis Khan (nicht die Popband von Ralph Siegel, liebe Musikfans, sondern der mongolische Herrscher aus dem 13. Jahrhundert). Nun erinnert die Reise von Hot Dog und seinen Freunden nicht direkt an die Eroberungsfeldzüge des Khans. Aber der Hinweis geht in die richtige Richtung. Wie genau die Parallelen sind, das liest man am besten selber nach. Es werden vergnügliche Stunden, ganz bestimmt!
Brüder Presnjakow: „Tötet den Schiedsrichter“, KiWi, 192 Seiten, 8,95 Euro