Neues von der Queen, ein Elefant und ein anthromorphisiertes „Und“ suchen freundschaftliche Bande und die kleine Maus „Mina“ freundet sich mit einem Eichhörnchen an, dass eine beunruhigende Ähnlichkeit mit einer Katze hat.
Vor hundert Jahren, am 15. Januar 1922, wurde der große DDR-Schriftsteller Franz Fühmann geboren. Anfang der Sechziger erschien sein bekanntestes, aus verschiedenen Episoden montiertes Buch „Das Judenauto. Vierzehn Tage aus zwei Jahrzehnten“, in dem er sich selbstanklagend zur eigenen NS-Täterbiographie bekannte. Zunächst in der DDR von der Zensur gekürzt und vor der Öffentlichkeit quasi versteckt führte das Buch erst nach 1968 zu Diskussionen, wobei auch dann noch vielfach übersehen wurde, in welcher Weise Fühmann Verbrechen der Wehrmacht, den Vernichtungsfeldzug gegen den Bolschewismus, Zwangsarbeit, Raubbau und Alltagsrassismus freilegt. Als literaturwissenschaftlicher Essayist wurde Fühmann hingegen von Anfang an geschätzt, seine Texte, beispielsweise über den Mythos, sind kreative Grundlagen für Schriftstellerkollegen, für Literaturwissenschaftler und Kritiker geworden. Zudem reüssierte Fühmann als Kinderbuchautor.
1978 veröffentlichte er das Sprachspielbuch „Die dampfenden Hälse der Pferde im Turm von Babel“, aus dem nun „Die Geschichte vom kleinen Und“ im Rostocker Hinstorff-Verlag erscheint, illustriert von Jacky Gleich aus Darmstadt, die bereits zahlreiche Fühmann-Geschichten bebildert hat – darunter „Anna, genannt Humpelhexe“ und „Die Fee, die Feuer speien konnte“. Hier wird das kleine Wort „und“ anthropomorphisiert. Da es zwischen zahlreichen hässlichen Wörtern gestanden hat, ist es ausgebüxt, sucht nun nach Kameraden. Doch keine der passierenden Buchstaben gefallen ihm. Beim „H“ befürchtet das „Und“ zu bellen („H“ + „und“ = „Hund“), mit dem „M“ müsste es immerzu quatschen, auch gefallen ihm zahlreiche Wortpaare nicht, denn wer möchte schon zwischen „Kurz“ und „Klein“ stehen? Dieses „Und“ ist friedfertig und findet erst Ruhe, als es vom „Wer“ umarmt, zum „Wunder“ verschmelzt. Franz Fühmann (Text), Jacky Glück (Illustration): „Die Geschichte vom kleinen Und“, Hinstorff, 16 Euro
Da ich im Herzen immer Wuppertaler bleiben werde, fühle ich mich gerade qua Heimat den Elefanten (Tuffi) zugehörig. „Schon seit 1927 wurden in Wuppertal Elefanten gehalten. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebte das indische Elefantenpaar Krishna und Lakshmi im Zoo, bevor der Krieg zur vorübergehenden Beendigung der Elefantenhaltung führte. Bereits 1946 konnte wieder ein Elefant in Wuppertal einziehen, die asiatische Elefantenkuh Suma. (sie starb 1959 ca. 36-jährig).“ Das berichtet die Seite Zooelfant.de – und weil ich das Wuppertaler Elefantenhaus derzeit nicht besuchen kann und eigentlich Zoos nicht mehr so sehr mag, schaue ich mir das niedlich gezeichnete Bilderbuch „Einer von uns“ an, geschrieben von Max Fiedler (Illustration) und Tausendsassa Martin Baltscheit (für seine Arbeiten erhielt er zahlreiche Preise, darunter alle deutschen Staatspreise, wie den Deutschen Jugendliteraturpreis, den Deutschen Kurzfilmpreis und den Deutschen Jugendtheaterpreis). Die Geschichte ist simpel – ein neugieriger kleiner Elefant sucht seine Herde und stapft nun durch verschiedene Biotope, um Anschluss zu finden. Inklusion für die Kleinsten, unterhaltsam, nicht allzu didaktisch, ein Buch für den Sommerstrand. Man beachte bitte die Mücke mit ihrem Rüssel… Martin Baltscheit (Text), Max Fiedler, Illustration: „Einer von uns“, Ellermann, 32 Seiten, 15 Euro, ab 4 Jahren
Der kanadische Illustrator Matthew Forsythe, einst Hauptdesigner der Zeichentrickserie „Adventure Time“, erzählt von einer überaus prägnant gezeichneten, lesehungrigen Maus: „Mina lebte in ihrer eigenen kleinen Welt, wo sie nichts jemals störte. Mit einer Ausnahme.“ Ihr Vater überrascht sie mit einem Spielgefährten. Klar erkennbar ist dieses neue, riesengroße Haustier eine Katze. Aber obwohl Mina zweifelt, wird ihr versichert, das Vieh sei ein Eichhörnchen. „In dieser Nacht konnte Mina kaum schlafen.“ Sie ist in Sorge. Doch die Katze wird zum Spielkameraden – und erst dann zum Problem, als eine andere Maus erkennt, dass der Vater den eigenen Fressfeind in sein Haus geladen hat. Es ist die umgekehrte Rumpelstilzchen-Geschichte. Im Märchen zerreißt sich das Männlein, als sein Name fällt, hier erwacht die Gefahr, mit dem Signalwort „Katze“. Diese Geschichte um Mina und die anderen Mäuse wird gut ausgehen, die Literatur ist hier eine Rettung. Weshalb das so ist, wird nicht verraten, denn es lohnt, die Geschichte selbst zu entdecken. Matthew Forsythe. „Mina“, aus dem Englischen von Rita Fürstenau, Rotopol, 68 Seiten, 18 Euro, ab 4 Jahre
Am 2. Juni dieses Jahres jährt sich die Körnung Queen Elizabeths zum 70. Mal. Selbst das viktorianische Zeitalter verblasst mit seiner 64-jährigen Dauer. Ob auch hier die großen Träume eines kleinen Kindes wahr wurden? Jedenfalls veröffentlicht die Reihe „Little People, BIG DREAMS“ in seiner 48. Ausgabe nach Büchern zu Mahatma Gandhi, Greta Thunberg und Maria Montessori nun die vorliegende Ausgabe mit denn inzwischen ikonographischen Illustrationen von Melissa Lee Johnson. Die Szene wird in den königlichen Gemächern zwischen gleich drei Schaukelpferden eröffnet: „In London lebte ein kleines Mädchen mit großem Pflichtgefühl. Die Eltern und ihre Schwester nannten sie Lilibet. Für den Rest der Welt war sie Prinzessin Elizabeth Alexandra Mary – die Enkelin von König George V.“ Gezeigt wird, wie sich eben nicht der Traum vom Landleben erfüllt, nachdem die einst kleine Lilibet am 2. Juni 1953 gekrönt wurde: „Das war aber nicht wie im Märchen, sondern ein Vollzeitjob mit einer langen Liste zu erfüllender Pflichten …“ Diese realistische Neuerzählung des vermeintlichen Prinzessinnen-Mädchentraums gelingt, ist unterhaltsam und Vorbild. Ein schönes Buch, selbstverständlich inklusive Corgis. María Isabel Sánchez Vegara (Text), Melissa Lee Johnson (Illustration): „Litte People, BIG DREAMS: Queen Elizabeth”, aus dem Englischen von Silke Kleemann, Insel Verlag, Berlin, 32 Seiten, 13,95 Euro, ab 4 bis 10 Jahre