Vier Samstage – vier Bilderbücher sind die Ausbeute dieses Frühlingsmonats: mit zwei gleichen Formen der Ablichtung: beim Fototag im Dinokindergarten und in Dieter Böges „Alle wollen ein Bild, aber nicht irgendeines“. Außerdem gibt es eine Suche nach dem Quadratischen unserer Zivilisation und ein kleiner Junge würde gern schwimmen gehen, wird aber täglich aufs Neue am Sprung ins Wasser gehindert.
Der englische Illustrator Sean Julian – hierzulande bekanntgeworden mit Büchern wie „Tut mir leid, kleiner Uhu“ und „Krach in der Bärenhöhle“ – verbindet die Lebenswelt von Kleinkindern mit einer ihrer größten Faszinationen: den Dinosauriern. Für den Fototag im Kindergarten von Frau Horn hat das Triceratops-Mädchen „Frida“ extra ihren Lieblingshut, ein Geschenk der Oma, aufgesetzt, der keinesfalls schmutzig werden darf: „Frida versucht wirklich, sich zurückzuhalten. Aber schon bald springt sie in Pfützen, buddelt im Sand, dreht ein paar Runden auf dem Roller und saust mit ihren Freunden die Wasserrutsche runter.“ Es kommt, wie es kommen muss: der Hut verschwindet.
Alle Tiere helfen bei der Suche. Sie erleben eine Überraschung, denn die so lieb gewonnene Kopfbedeckung hat eine neue Verwendung gefunden. Diese kleine Geschichte über Lässlichkeit und die Schönheit des Teilens, über ein herzliches Miteinander und den tröstenden Wert echter Freundschaft kommt mit detailreichen, auch beim zweiten Hinschauen höchst humorvollen (Such-)Bildern – und zwei auf jeder Doppelseite widerkehrenden Tieren, die noch kleiner sind als die hier dargestellten Dinokinder. Ein harmloser Fabel-Spaß mit besonders schönem Vorsatzdruck, altersgerechter Handlung und liebevoll gestalteten Urzeit-Protagonisten. Sean Julian: „Fototag im Dinokindergarten“, aus dem Englischen von Anna Schaub, NordSüd, 32 Seiten, 17 Euro, ab 4 Jahre
Dieter Böge, Gründungsmitglied des Vereins „NEUES BILDERBUCH“ und Benjamin Gottwald, selbstständiger Illustrator aus Hamburg, haben dem Instagram-Inszenierungen unserer Tage eine schöne Geschichte abgetrotzt. Alle Tiere wollen ein Bild, doch kein natürliches, sondern selbstverständlich ein gestelltes: „Die Raupe möchte ein Bild von sich mit ihrer Mama“, „das Hausschwein hätte gern ein Bild von sich mit einem Wildschwein“, „Der Frosch wünscht sich ein Bild von sich als toller Hecht“ und die stets in der Masse untergehende Ameise „möchte ein Bild von sich ganz allein“. Plakativ sind die Illustrationen, das Buch eine Einübung in Selbst-Darstellung und Individualismus, hintersinnig zeigend, dass die Abbildungen unserer Tage nur selten der Wirklichkeit entsprechen. Dieter Böge (Text), Benjamin Gottwald (Illustration): „Alle wollen ein Bild, aber nicht irgendeines“, Aladin, 48 Seiten, ab 4 Jahre
In wenigen Wochen eröffnet die hiesige Freibadsaison und bis landauf, landab die Temperaturen hinreichend gestiegen sind, können wir uns vorfreuen mit diesem quadratischen Bilderbuch. „Ab ins Wasser“, gestaltet von der japanischen Illustratorin Tomo Miura, überzeugt durch seine aufgeräumten, aus Tusche und Wasserfarben gestalteten Bilder eines kleinen, asiatisch gelesenen Kindes, das bereits montags seine Sachen packt: Taucherbrille, den gestreiften Badeanzug, Badekappe und Badetuch. Das Kind wärmt sich auf und geht zum hoffnungslos überfüllten Schwimmbecken, in dem es vor identisch gekleideten, ebenfalls mit schwarzer Brille und Badekappe gekleideten Kindern wimmelt. „Dann komme ich eben morgen wieder.“ Doch am Dienstag angeln die anderen Fische im Becken, am Mittwoch ist es eiskalt und das Wasser gefroren, am Donnerstag jagen gigantische Wellen mit surfenden und Kanu fahrenden Sportlern durchs Bad und am Freitag, das Kind ist für alle Eventualitäten gerüstet, hat das Schwimmbad geschlossen. Doch selbst in diesem Moment lässt sich das Kind keinesfalls entmutigen, denn: „Morgen ist ja auch noch ein Tag…“ Eine stoische Rätselhaftigkeit liegt über dieser Parabel, die sich auf verschiedene Weisen deuten lässt und mit ihrem Geheimnis die Phantasie aller Kinder anstacheln wird. Timo Miura: „Ab ins Wasser“, aus dem Französischen von Ebi Naumann, Aladin, 40 Seiten, 15 Euro, ab 4 Jahre
Vor keinem anderen Bild der Kunstgeschichte dürfte so oft der Satz gefallen sein: „Das kann ich auch“. Kasimir Sewerinowitsch Malewitschs „Das schwarze Quadrat“ aus dem Jahr 1915 war vielleicht nicht neu für die Menschheit an sich, denn schwarze Quadrate gibt es überall. Doch ist das Gemälde neu in Bezug auf das Archiv, in das sich diese 79,5 × 79,5 Zentimeter messende Arbeit einschreibt (mehr schreibt Boris Groys in seiner empfehlenswerten Studie „Über das Neue“, 1992 erschienen in der Edition Akzente / Hanser). Die „Geschichte vom schwarzen Quadrat“ erzählt das ebenfalls quadratische Bilderbuch der ukrainischen Künstlerin Maria Bilinska, die allerdings keine Biographie ihres berühmten Landsmannes verfasst hat, auch keine Werkgenese, sondern eine graphische Spielerei, die zeigt, wo das Quadrat in Architektur, Mode, Illustration auftaucht. So erscheint das Herausgehobene des Kunstwerks von Malewitsch zunächst unwahrscheinlich. Doch eben weil das Quadrat als scheinbar omnipräsent vorgestellt wird, kann man anhand dieses schönen Buchs schon im Kleinkindalter – zumindest ansatzweise – über das schillernde Wesen der Kunst an sich philosophieren. Maria Bilinska: „Geschichte vom schwarzen Quadrat“, aus dem Ukrainischen von Annegret Becker, Edition Bracklo, ab 3 Jahre