Das bekanntes Bildnis einer Stimme ist Edvard Munchs „Der Schrei“. Es ist ein Bild des Schmerzes, der Verzweiflung, ein stummer, da auf einer Leinwand festgehaltener Schrei absoluter Angst.
Diesem „Picture of a voice“ fügen Musiker wie Uli Klan aus Wuppertal seit drei Jahren unter gleichnamigem Titel ein vielfach beachtetes Musikprojekt hinzu. Dieses wird Freitagabend in einem großen Konzert weitergeführt. Denn am kommenden Wochenende, zum 90. Jahrestag des Völkermords an den Armeniern, finden in Wuppertal und Köln die internationalen Armin-T.-Wegner-Tage statt, die auf Schreie, auf Ängste weiterhin aufmerksam machen wollen.
Der Schriftsteller, Sohn unserer Stadt, hat im 1. Weltkrieg als Sanitäter selbst unter Lebensgefahr beobachtet, wie Armenier von Türken brutal vertrieben wurden. Und er hat sich eingesetzt, Täter wie Opfer verbunden, ebenso sprichwörtlich wie tatsächlich – mit Verbandsmull nämlich, aber auch mit Worten, mit seinem Werk. Dieses Werk, Juden und Arabern oder auch verfeindeten Türken und Armeniern gewidmet, ist Inspiration des Interkulturprojektes „Picture of a voice“, einer Konzertreihe, die in Tönen erinnern möchte, ohne Hass.
Unter der organisatorischen Leitung Uli Klans werden Freitagabend ab 20 Uhr, Spitzenmusiker im Kölner Domforum auftreten. Der Weltmusik-Star Rabih Abou-Khalil hat eigens für Uli Klan das Liebesgedicht „Ava“ (Adam & Eva) von Armin T. Wegner vertont. Es wird dann zusammen mit Jarrod Cagwin am Schlagzeug und Paris Michel Godard an der Tuba vorgetragen. David Haladjians Komposition zu Wegners Text „Die Austreibung der Menschheit“, 16 Minuten lang, wird das Konzert mit Weltmusikstar Gevorg Dabaghyan am Duduk, der armenischen Oboe, eröffnen. Hartmut Geerken wird dazu lesen.
Eine Komposition Uli Klans wird diese Veranstaltung beenden. Dann spielen erstamls gemeinsam ein Türke, nämlich den Wuppertal Aygün Bakir am Saz, der türkischen Langhalslaute, ein Armenier (Gevorg Dabaghyan) und ein Deutscher (Uli Klan) gemeinsam, verbindend, einen möglichen Nationalshass damit überwindend. Warum wird hier unter dem Konzert-Titel „Andouni – Vertrieben“ etwas verbunden, überwunden?
Das „Bildnis einer Stimme“ versammelt verfeindete Völker, die nun gemeinsam musizieren, auf einander zugehen. Es ist ein langsames Annähren, weil sich der türkische Staat bis heute abwendet, von Schreien vergangener Zeit, den Genozid an den Armeniern nicht anerkennen möchte. Vergleichbar, jedoch nicht im relativierenden Sinne, wäre eine kollektive Leugnung des Holocaust in Deutschland. Doch nur wenn einem dies bewusst wird, kann die Leistung einer Armin-T.-Wegner-Gesellschaft, eines Künstlers wie Uli Klan gewürdigt werden. Der Eintritt kostet zwischen acht und zehn Euro.
(Armin T. Wegner: „Die Austreibung des armenischen Volkes in die Wüste – Ein Lichtbildervortrag“, herausgegeben von Andreas Meier, Wallstein, 215 Seiten, 24 Euro)