Diese sich selbst ausbeutenden Underground-Verleger von Pulp Master bringen seit langer Zeit Groschenkrimis auf den Markt. Echte Pulp Fiction. Aus Amerika, GB, Italien. Bela B von Die Ärzte wirbt als Testimonial mit den markanten Worten: „Lasst den Stoff nicht auf der Toilette liegen. Es könnte dann deutlich länger dauern“.
Für „Götterdämmerung in El Paso“ von Rick De Marinis gilt dieser Satz mit Sicherheit. Der bald 80-jährige New Yorker schreibt Hardboiled-Thriller, die es mit The Big Lebowski und The Expendables gleichzeitig aufnehmen können, nie zu fein, nichts Gedrechseltes, das ist eher Auf-die-Fresse-Literatur.
Seine nun sehr wagnerisch angekündigte „Götterdämmerung in El Paso“ erzählt vom abgefuckten Privatdetektiv J.P. Morgan, der die ausgebüxte Gattin seines exzentrischen Schriftsteller-Kumpels Luther Penrose suchen soll. Der glaubt: Die Kleine geht fremd. Tatsächlich dreht die in Mexiko ein dickes Ding – das J. P. Morgan ins Chaos stürzen lässt. Im Zuge der „Ermittlungen“ trifft er auf: Gossenpolizisten, Drogenpantscher, Kofgeldjäger, Texas-Ranger und: auf Nazis, die ihm ordentlich einheizen.
Ausgerechnet Nazis! Nun haben die Amerikaner bekanntlich ein etwas entspannteres Verhältnis zu unserer Vergangenheit und Nazis gehören dort fatalerweise zur Popkultur. Aber in diesem Roman reicht das erste Aufeinandertreffen von J. P. Morgan und dem arischen Herrenmenschen, um klarzustellen, dass hier keine Heiligenbildchen hingekleckst werden:
„Er zermalmte einen Cheeseburger mit den langsamen Kaubewegungen eines Schimpansen, der selbstvergessen eine Kochbanane verspeist. ‚Maisgürtel-Nazis?‘ fragte ich, ‚Weiße Bruderschaft? Die Kirche des Arischen Jesus, der uns allen in den Arsch treten wird? Seid ihr auf Bewährung aus Huntsville entlassen worden?‘ – ‚Wir sind weder kriminell, noch sind wir Spinner, Mr. Morgan. Wir sind Angehörige eines Kommandotrupps“, erwiderte er todernst. Ich hütete mich zu lachen.‘
Gerade wie Rick de Marinis von diesen bescheuerten Nazis erzählt: ist grandios. Ich bin fast auf die Knie gefallen, als da auf einmal der Satz stand: „Ich glaube nicht, dass Wagner Hitler MEIN FÜHRER genannt hätte.“ – „Götterdämmerung in El Paso“ ist schmutzigster Hardcore mit sehr viel Melancholie, weil die „guten alten Zeiten“ verschwunden sind. Knallt rein wie Budweiser Beer.
(Rick des Marinis: „Götterdämmerung in El Paso“, übersetzt von Ango Laina und Angelika Müller, Pulp Master, 318 Seiten, 13,80 Euro)