Die Gletscher schmelzen, das Bankgeheimnis fällt, die Swissair gehört schon lange zu Lufthansa und Integration ist nicht gerade das Lieblingswort der Eidgenossen. Fest steht: Die schöne Schweiz ist in die Bredouille geraten. Der großartige Prachtband „Tour de Suisse“ wird deshalb zur rechten Zeit vom bibliophilen, im Sommer 2009 gegründeten Verlag „Walde + Graf“ veröffentlicht. Er inszeniert die Schweiz als Sehnsuchtsort, mit nostalgischen Tourismusplakaten der 1930 bis 1950er. Schon im nachgedruckten Vorwort des damals umfeierten Reisebuchautors Eugene Fodor (1905-1991) steht: „Die Schweiz ist das ideale Ferienland und stellt – in mehr als einer Hinsicht – eine Synthese des Besten dar, was Europa zu geben hat. Das Land bietet ein Höchstmass an landschaftlicher Schönheit und Erholungsorten, an Gelegenheiten zu sportlicher Betätigung und an vielen anderen Reizen. Vor allem aber ist es ein Musterstaat.“
Auf den Plakaten reist man mit dem Schiff über den Genfer See, ins abendliche „Casino Municipal de Montbenon“ von Lausanne, mit der Bergbahn aufs 2045 Meter über dem Meeresspiegel liegende Montreux, dann über Ascona, St. Moritz, Davos, Zürich und durchs reiche Appenzeller Land zum abschließenden Schoppen am Bodensee. Dazwischen gibt es allerfeinste Tipps, zum Beispiel für alle Bern-Reisende: „Die Berner, so heisst es, sind die langsamsten Leute der Schweiz. Erzählen Sie nie einem Berner am Sonntagmorgen einen Witz, er wird die Pointe nicht eher begreifen, als bis er in der Kirche sitzt – und dort lacht er dann aus vollem Halse.“ Wen nach Lektüre dieses Buchs Fernweh packt: Bis zum 25. Juli veranstaltet das Zürcher Museum für Gestaltung eine begleitende Plakatausstellung unter dem Titel „Paradies Schweiz“, das sich „auf überaus spannende Art und Weise dem Mythos Schweiz widmet“.
Peter Graf (Hg.) „Tour de Suisse – Eine nostalgische Reise zu den schönsten Plätzen der Schweiz“, Walde + Graf, 144 Seiten, 73 farbige Abbildungen, 8 Poster zum herausnehmen, etliche Reisetexte von Eugene Fodor, 26×35 cm groß, 44,80 Euro