„Grandseigneur, sie glauben nicht wie schmerzlich es mir ist, da ich Ihnen das Geliehene noch nicht wiedergeben kann. Ich hatte es sogar schon in den Händen, aber ich mußte es gebrauchen“, schreibt Else Lasker-Schüler am 13. Oktober 1925 an den Journalisten Felix Pinkus. In diesem zerknirschten Ton lesen sich viele Zeilen der vorliegenden Briefausgabe. Mit Band 8 gibt der Jüdische Verlag jetzt Korrespondenzen aus den Jahren 1925 bis 1933 heraus.
Die Wuppertaler Dichterin wohnt im Inflationsberlin der 1920er Jahre und hat sich als respektable Künstlerin etabliert. Doch wie viele andere erlebt sie eine lange Durststrecke. Lediglich drei Bücher konnte sie zwischen 1925 und 1933 veröffentlichen, darunter die Kampfschrift „Ich räume auf! Meine Anklage gegen meine Verleger“ (1925), etliche Gedichte, Prosastücke, Essays und die „Arthur Aronymus“-Dichtungen (1932). Im Jahr 1927 stirbt ihr Sohn Paul 28-jährig an Tuberkulose; Lasker-Schüler stürzt in eine dunkle Krise. Die Korrespondenz ist auch ein Anschreiben gegen das karge, unglückselige Leben.
Hunderte Briefe haben sich aus der Zeit erhalten. Viele spiegeln das unstete Wesen der Autorin wider, sind weniger kunstvoll formuliert als in früheren Jahren, kommen mit so knappen Worten aus, dass an an heutige SMS erinnert. Blumiger erscheinen lediglich einige der Briefe an Paul Goldscheider. Lasker-Schüler, die alternde Frau, umwirbt den jungen Arzt in rührender Weise: „Lieber Indianer. Ich komme immer am Abend so gebrochen nach Hause.“ Es ist ein Jammer, dem man mitleidend folgt.
Die Sammlung schließt nach 650 Briefen mit einer verärgerten Notiz, in der Else Lasker-Schüler dem unbekannten Empfänger vorwirft, er sei aufgrund eines Gedichts in der er von der Wuppertalerin „besungen“ wurde, „größenwahnsinnig“ geworden. „Ich habe den Verse vernichtet; wünsche, daß er nicht mehr weiter zur Reklame benutzt wird.“ – In diesen Zeilen steckt alles Bittere der letzten Jahre. Else Lasker-Schüler hat Berlin seit dem 19. April 1933 Richtung Schweiz verlassen. Sie wird nicht nach Deutschland zurückkehren können. Die lange Zeit des Exils hat begonnen.“