Charlotte Roches „Feuchtgebiete“ bekommt 2009 Konkurrenz: Heinz Strunk besucht am Freitag (20.2.) ab 23 Uhr 1LIVE Klubbing mit seiner „Fleckenteufel“-Antwort. Moderator Mike Litt darf dann fragen, was unappetitlicher ist als ein junges Mädchen, das mit Analfissur im Krankenhaus liegt – und Heinz wir die passenden Antworten parat haben.
Westdeutschland in den 1970er Jahren: Thorsten Bruhn kommt als 16-jähriger, dauerfurzender Sexsüchtling daher, der in so ziemlich allen Sigmund Freudschen Phasen steckengeblieben ist. Seine Leidenschaft gilt den bekannten Ausscheidungsorganen, perversen „Landser“-Heftchen, in denen Weltkriegssoldaten für Adolf Hitler um den Endsieg kämpfen, kreativen Doktorspielchen, den langen Penissen anderer Kameraden.
Thorsten besucht eine kirchliche Jugendfreizeit („Jeder Christ ein Gitarrist“) an der Ostsee und hat hier, im frischen (Darm-)Wind, ausreichend Muße, die für ihn wichtigen Lebensfragen abzudenken: „Warum man wohl seine Pupse gerne riechen mag, seine Kotze jedoch nicht?“ Dazwischen stiehlt sich Thorsten fort, ins Waschhaus, „zum Glück bin ich alleine. Mein Arsch glüht wie das Osterfeuer. Von rechts wegen müsste ich mir vor dem Eincremen die Rosette waschen, aber das ist sehr riskant, denn es gibt nur eine Gemeinschaftsdusche.“ Danach wird es noch unappetitlicher und es geht natürlich um Ausscheidungen, um vermeintlich „schwule“ Gesten und um Braunabstufungen, um Größen, Gewichte und so weiter. Das ist (selbstverständlich) Fäkalhumor. Sehr ekelhaft, aber auch witzig.
Kurz gesagt: Wer wissen will, welche Ferkeleien ein nasser Waschlappen bereithalten kann und was der bereits von Feuilletonliebling Charlotte Roche kritisierte Hygienewahn mit nationalsozialistischem Gedankengut gemeinsam hat, der greift zum türkisfarbenen „Fleckenteufel“-Bändchen und vertieft sich im 220 Seiten langen Ekelkosmos. Dabei schadet es nicht, eine der bunt bedruckten Fremdguttüten aus dem letzten Billigflugurlaub bereitzuhalten, denn im Magen ruckelt es ganz schön, während Throsten Bruhn vom Leder zieht. Ganz so platt, wie Heinz Strunks Spin-off auf den ersten Blick wirkt, ist diese kreative, wütende „Feuchtgebiete“-Antwort jedoch nicht, Populismus hin oder her. Eine Stärke des Bestseller-Autors liegt in seinen lautmalerischen Wortkaskaden, die Darmluft imitieren und andere Ferkelgeräusche ins Kurzzeitgedächtnis zurückrufen, sich also beim großen Lyriker Ernst Jandl bedienen. Andererseits ist es skandalös, den Hygienewahn unserer Zeit mal eben mit Adolf Hitler, der westlichen Konsumwelt und Sigmund Freud kurzzuschließen. Das wird in der 1LIVE Klubbing-Sendung mit Sicherheit zu Diskussionen führen.
Heinz Strunk, der „Studio Braun“- und „Fleisch ist mein Gemüse“-Held ist dabei kein simpler Trittbrettfahrer auf den Pfaden des erfolgreichsten deutschen Buchs des Jahres 2008. Denn er provoziert den Widerspruch, er schreit nach Diskussion, er führt mit „Fleckenteufel“ einen Hype ad absurdum und nutzt nicht nur für kurze Lacher zwischendurch. Zum Glück. Dafür ist der Mann zu clever. Man muss sich dagegen nur die vielen anderen Charlotte-Roche-Nachahmer anschauen, um ermessen zu können, was „Fleckenteufel“ mit seinen ironischen Mitteln leistet.
Vor wenigen Tagen beispielsweise erschien als CD (Hörbuch Hamburg) und bebildertes Taschenbüchlein (Carlsen-Verlag) die Antwort der Männer, inklusive weißer Kernseife auf dem Cover, mit dem feinen Titel: „Trockenzonen. Wenn Männer aufhören sich zu waschen“. Als Autor zeichnet hier „Charles Roch“ (eigentlich Bernd Zeller). Für 6,95 Euro erfahren hartgesottene Leser, wie sie ihren Schweißgeruch erhalten, Artischocken-Paradontose im Mund züchten und – frei nach Feldherr Napoleon – ihre Damen von der Körperpflege abhalten.
Sechzig Seiten später ist der rosa Spuk vorbei und man hat „Trockenzonen“ bereits vergessen, ebenso wie alle anderen „Feuchtgebiete“-Nachahmer des Frühjahrsprogramms. Bei Heinz Strunk bleiben auf jeden Fall Fragen, viele Fragen. Sie werden alle am Freitag, ab 23 Uhr, in 1LIVE-Klubbing beantwortet werden. DJ Larse spielt die Platten zum Text (die Musikszene ist, was Ekelinszenierungen angeht, schon ein bisschen weiter). Wer bislang vor einem Besuch im 1LIVE-Salon zurückschrecken sollte: Heinz Strunk erscheint frisch geduscht. Versprochen.
Heinz Strunk: „Fleckenteufel“, Rowohlt, 224 Seiten