Coca-Cola hat es 2013 vorgemacht, Martina Cole zieht jetzt nach. Wer ausreichend Geld auf den Schreibtisch der englischen Krimiautorin legt wird literarisch verewigt. Mit einer Auktion der Anti-Folter-Stiftung „Freedom from Torture“ kann sich jeder Leser in die Bücher von 17 namhaften Schriftstellern einkaufen. Zur Auswahl stehen noch zu schreibende Werke von literarischen Schwergewichten wie Will Self, Zadie Smith, Ken Follett, Robert Harris, Joanna Trollope, Hanif Kureishi und eben Martina Cole. (Mehr dazu hier im Freitag)
Die Auktion findet am 20. November im Londoner „The Royal Institute of Great Britain“ statt, parallel läuft eine Onlineauktion, die (8.11. 14:14 Uhr) bei insgesamt 11.367 Pfund (ca. 14.500 Euro) steht. Der Erlös kommt Freedom for torture zu Gute. Ian McEwan (aktuell bei 500 Pfund), der sich ebenfalls beteiligt, verspricht das wahre Leben nach dem Tod, quasi Kunst als Religionsersatz. Als wäre Papier tatsächlich geduldig und E-Book-PDFs selbst in 2000 Jahren weiterhin lesbar, als lägen die Beststeller von heute nicht binnen weniger Wochen auf den Ramschpaletten des hiesigen Buchhandelskonzerns oder im einstelligen Centbereich der Internetversandhäuser.
Dazu kommt: In welcher Weise der eingekaufte Name in den Werken der Schreiber auftaucht kann nicht beeinflusst werden. Das ist die Schwachstelle dieser Aktion, im Gegensatz zur ähnlich gelagerten meinCoke-Kampagne, bei der Markenfans ihre Brause personalisieren können und daher wissen, wie ihnen das Produkt mit Wort am Ende schmeckt. Eine 200-Milliliterflasche mit Aufdruck kostet 1,99 Euro zzgl. 0,15 Pfand und 2,95 Euro Versandkosten (also 5,09 Euro). Gespendet wird hier nichts. Die Lieferzeit beträgt bis zu 12 Tagen. Bei Ian McEwan könnte das etwas länger dauern.
Aber woher kommt diese neumodische Sehnsucht, Produkten den individuellen Stempel aufzudrücken, als sei die Welt ein Badetuch, das am Pool nicht verloren gehen darf? Ist es Eitelkeit? Im Mittelalter konnten sich lediglich Kaiser und Fürsten derartigen Luxus erlauben. Maler, Architekten und Schriftsteller bekamen ihre Apanage unter der Bedingung, den Namen des Gönners in ihre Kunst zu integrieren. „Dir, höchster Kaiser, widme ich dieses Werk“, schleimte sich der Burgunder Wipo einst bei seinem Gönner ein. Und das Rolandslied ist im 12. Jahrhundert vermutlich auf Initiative Heinrichs des Löwen entstanden, der dann im Werk selbst mit dem biblischen König David verglichen und mit Karl dem Großen in eine Reihe gestellt wurde.
Mit Aufkommen des Bürgertums mehrere hundert Jahre später verewigten sich reiche Städter, indem sie Parks finanzierten, während die weniger Betuchten eine Bank mit Messinggravur spendierten. Doch 1935 dachte Walter Benjamin über „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ nach und stellte fest: „Man kann, was hier ausfällt, im Begriff der Aura zusammenfassen und sagen: was im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit des Kunstwerks verkümmert, das ist seine Aura.“ Was mannigfaltig vorhanden ist und nicht mehr als Unikat an den Wänden hängt oder in Scriptorien mühsam von Mönchen auf Pergament gepinselt wird, verliert seinen weihevollen Kunstcharakter.
2014 hebt der eigene Name selbst den millionenfach verkauften Bestseller in höchste Höhen, adelt ihn zum Produkt, das selbst den Enkelkindern stolz präsentiert werden kann. Vielleicht liegt dort der Schlüssel zur Rettung der Printzeitschriften („Brigitte“-Eigner, hört recht zu) – was der fettcreme Nivea Recht ist, kann Lieschen Müller doch nur billig sein. Lokalzeitungen machen es seit jeher vor: Der Kunde ist zugleich Produkt der Berichterstattung. (Hier könnte aber auch DEIN Name stehen.)
[…] Serviceinformation für Literaturfreunde mit höherem Identifikationsbedarf: Den eigenen Namen kann mannun auch in bestimmte Werke von namhaften Autoren einkaufen. Ob der Name […]