Heute werden 39. Tage der deutschsprachigen Literatur (TDDL) im österreichischen Klagenfurt eröffnet – das alljährliche Klassentreffen der Szene. Nachdem in der vergangenen Woche bereits im Freitag eine Seite zu Klagenfurt erschienen ist kommt nun der komplette A-Z-Überblick für alle neu Angereisten mit etlichen Bonustexten, ohne das Lemma „Ronja von Rönne“ (denn dazu hat Georg Diez im aktuellen SPIEGEL alles gesagt), dafür mit Blut, Dämonen, Nazis, Häschen und Fahrrädern. Die fehlenden Buchstaben werden im Sommer 2016 ergänzt. (Das Beitragsbild ist von Wikipedia). Einen Anfang hat gestern eben hier Heimo Strempfl mit seinem Text über „Ingeborg Bachmann“ gemacht.
Automatische Literaturkritik Legendärer, laut Initiatorin Kathrin Passig „überwiegend ernst gemeinter“ Preis, der im Umfeld der „Zentralen Intelligenz Agentur“ (ZIA) angesiedelt war und von 2008 bis 2014 vergeben wurde. „Preisträger wurden mit Hilfe einer Liste von Plus- und Minuspunkten ermittelt, auf der die Helfer und Helferinnen des Kritikautomaten nur anzukreuzen brauchen, ob im Text Nagetiere vorkommen (Pluspunkt) oder das Autorenporträt Großaufnahmen gehender Füße enthält (Minuspunkt)“, erklärte ZIA-Mitglied Passig 2014 in einem großen Artikel der Literaturzeitung „Volltext“. Lange bevor Netflix mit „House of Cards“ eine Serie produzierte, die auf Publikumsumfragen und Metadaten aus dem Internet zurückgriff arbeitete die ZIA an statistisch darstellbaren Kriterien für den chancenreichsten Bachmann-Text. Nachdem ZIA-Mitglied Wolfgang Herrndorf 2004 den Klagenfurter Kelag-Preis für seine Geschichte „Diesseits des Van-Allen-Gürtels“ verliehen bekam gelangt Passig mit einem durch zuvor erhobene Daten optimierten Text 2006 der Coup, als ihr der Hauptpreis verliehen wurde. Danach musste sie sich unsinnigerweise anhören, der errechnete Erfolg sei Manipulation.
Blut solle bei der Bewertung des „lobenswerten“ Textes keine Rolle spielen, forderte Jurymitglied Marcel Reich-Ranicki 1983, nachdem der junge Punk Rainald Goetz einen Ausschnitt aus seinem späteren Debüt „Irre“ gelesen hatte. Mit blutiger Stirn saß der damals 29-Jährige an seinem Platz. Es tropfte hinab auf den Tisch, aufs Papier. Mit einer verborgen gehaltenen Rasierklinge hatte er sich während seines eher Performance zu nennenden Vortrages in die Stirn geschnitten – und manche Fans behaupten, die Narbe sei selbst heute noch sichtbar. Einen Preis bekam Dr.med. Dr.phil. Rainald Goetz übrigens nicht. Dass Provokation keineswegs gern ausgezeichnet wird erfuhr 26 Jahre später auch der Österreicher Philipp Weiss, der einen Teil seines Klagenfurt-Beitrags „Blätterliebe“ auf Spezialpapier hatte drucken lassen, um ihn nach dem Vortrag coram publico aufzuessen. Ein dahinter verborgener Sinn wird bis heute gesucht.
Dämonen Tex Rubinowitz hat via ->Facebook darauf hingewiesen, dass das Lokal Stadtkrämer von manchen Klagenfurt-Besuchern mit einem Gruseln besucht wird, weil Jörg Haider (-> Winkler, Josef) eben dort gespeist haben soll, bevor er mit seinem VW Phaeton verunglückte. Zu diesen Klagenfurtbesuchern gehört augenscheinlich auch die 2015 nominierte ->Teresa Präauer.
Facebook ist eines der wichtigsten Kommunikationsmedien für Fans der Tage der deutschsprachigen Literatur. In der offenen Facebook-Gruppe „Bachmannwettschwimmen“ (->Schwimmbadfigur) wird über das ganze Jahr hinweg Klatsch verbreitet. Zudem wird auf FB der komplette Wettbewerb diskutiert. Als ich vor drei Wochen um Mithilfe beim A-Z bat beteiligten sich viele, viele Menschen aus der Literaturszene. Das „F“ geht also mit Dank an: Jo Lendle, Ingo Arend, Julia Giordano, Florian Voß, Stefan Möller, Susanne Schleyer, Tex Rubinowitz, Horst L. Ebner, Elmar Krekeler, Michael Angele, Karsten Krampitz, Nora Gomringer, Ursula Walch, Thomas Hummitzsch, Marian Fuchs, Anika Meier, Michael André Ankermüller, Katja Krause, Heimo Strempfl, Felix Wegener, Lino Wirag, Angela Leinen, Silvia Pistotnig, Thomas Tebbe, Frank Odenthal, Christiane Neudecker, Michael J. Stephan und Teresa Präauer.
Gomringer, Nora ist bekanntlich eine meiner liebsten Gegenwartsdichterinnen, und dass sie 2015 zum Wettlesen nach Klagenfurt kommen wird ist eine große Sache. Nora hat gute Chancen auf einen der Auszeichnungen, weil sie ihre Literatur perfekt präsentieren kann – was auf jeden Fall den Publikumspreis zu erwarten lässt. Sie hat weniger Wut und mehr Witz als die ebenfalls favorisierte ->Ronja von Rönne, kann es dagegen eventuell schwer haben gegen die im Heimspiel stehende, 2015 bereits für den Preis der Leipziger Buchmesse nominierte ->Teresa Präauer. Nora Gomringer ist auf jeden Fall Gewinnerin der Herzen, zudem stets derart gut gelaunt und alle um sie herum mit ihrer Freundlichkeit gewinnend, dass Peter Wawerzinek (->Krampitz, Karsten) in diesem Jahr vermutlich nicht mit einem Tisch tanzen muss. Nora, nimm’ Dir ein Herz!
Häschenkurs nur für Außenstehende abfällig klingende, aber von Insidern aufrichtig liebevoll gemeinte Bezeichnung für den „Klagenfurter Literaturkurs“. In diesem Jahr findet er zum 19. Mal statt, traditionell in den Tagen vor dem Bachmannwettlesen. Junge SchriftstellerInnen werden zum Workshop eingeladen und bei der Abschlusslesung sind viele Lektoren anwesend, die hier auf die Entdeckung eines neuen Shootingstars hoffen. Etliche spätere Teilnehmer der Tage der deutschsprachigen Literatur wie Martin Kordic und Thomas Klupp, der Publikumspreisgewinner 2009, waren zuerst hier im Musilmuseum bei Direktor Heimo Strempfl eingeladen. Auch die beiden Bachmannpreisträger Terézia Mora (1999) und Thomas Lang (2005) haben einst im Häschenkurs unter Anleitung arrivierter Schriftsteller die eigenen Texte debattiert. Spezielles Zuckerl für alle Teilnehmer sind die großzügig ausgegebenen, auch während der Bachmanntage einlösbaren Gutscheine, die zum freien Verzehr in den meisten Restaurants wie dem Wirtshaus „Zum Augustin“ (->Zweirad) berechtigen. Karrierebewusste Teilnehmer des Häschenkurses laden mit ihren Gutscheinen beizeiten jene Feuilletonkritiker ein, die nicht auf Spesenkonto speisen, weil die Redaktionen mehr und mehr sparen, sogar an der leckeren Erdbeersuppe. Von echter Bestechung ist bislang nichts bekannt.
Jens Petersen Arzt wie Rainald Goetz (->Blut) und Bachmannpreisträger 2009, auf dessen Buch, das er damals angekündigt hatte, die Welt bislang wartet. Inzwischen arbeitet der Zwei-Meter-Mann in Zürich und bereitet seine Habilitation vor. Selbst das legendäre Cabrio, das im Autoren-Video damals zu sehen war gibt es nicht mehr. „Das habe ich verkauft; das Dach wurde im Kreis 4 in Zürich, wo ich bis vor ein paar Jahren lebte und keine Garage besass, zu oft aufgeschlitzt, allerdings nicht von Vandalen, sondern von echten Gaunern; inzwischen habe ich eine Garage voller Gemüsekisten.“ Aktuellste Veröffentlichung: „Variant of Guillain-Barré-Syndrome with spinal core involvement“ in der Fachzeitschrift „Neurology“.
Krampitz, Karsten gehört zum Bachmann-Inventar seit er 2009 den Publikumspreis gewann und sich daher als „Silbermediallengewinner“ sieht, „war doch seinerzeit der Publikumspreis erstmals an das Klagenfurter Stadtschreiber-Stipendium gekoppelt.“ Als eben solcher sorgte er im Jahr darauf für einiges Aufsehen, als er im damaligen Jörg-Haider-Museum das Gästebuch stahl und für die Literaturzeitung „Volltext“ rezensierte. Außerdem ist Krampitz der einzige antifaschistische Schriftsteller dem die Waffen-SS in Kärnten ein Hausverbot erteilt hat, so geschehen im September 2010 beim jährlichen Veteranentreffen am Ulrichsberg. Gemeinsam mit Bachmannpreisträger Peter Wawerzinek (der auch dann tanzt, wenn er keine Partnerin findet: Ihm reicht ein Tisch) schrieb er den „Crashkurs Klagenfurt. Poesie und Propaganda“ (2. Auflage, Edition Meerauge). Im letzten Herbst hatte am Klagenfurter Ensemble sein Theaterstück „Sucht und Ordnung“ Premiere.
Lendhafen Lauschiger Treffpunkt aller, wenige Meter vom ORF gelegen, mit abendlichem Rahmenprogramm wie dem obligatorischen Literatur-Musik-Quiz, das veranstaltet wird vom österreichischen Architekturkritiker und Gewinner des Bachmannwettschwimmens 2005 (->Strandfigur) Maik Novotny, sowie dem Bachmann-Preisträger 2014 und ständigen Klagenfurt-Besucher Tex Rubinowitz. Beim Bier, das nicht serviert, sondern nur an der Bude abgeholt werden kann, relaxed hingefläzt in einer der zahlreichen, mit Ingeborg-Bachmann-Zitaten bedruckten Strandliegen vermischen sich alle Besucher. Die jährlich anreisenden Studentengruppen aus Essen und München gehören dann selbstverständlich auch zur Szene. Es wird diskutiert, getanzt, geflirtet. Später geht es zum Weiterfeiern mit dem ->Zweirad ins ->Teatro.
Maria Loretto „Angeln im Wörtersee. Oder den Fischtank im Maria Loretto entern“, schlug Peter Glaser, Bachmannpreisgewinner des Jahres 2002 vor vier Wochen in der öffentlichen Facebook-Gruppe Bachmann-Wettschwimmen (->Schwimmbadfigur) vor, nachdem eben dort bekannt gemacht wurde, dass aufgrund finanzieller Engpässe in diesem Jahr gespart werden müsse; ausgerechnet am Rahmenprogramm. Das heißt: Am Eröffnungsabend wird das üppige Buffet (->Winkler, Josef) gegen Fingerfood getauscht und beim Bürgermeisterempfang am Schloss Maria Loretto wird es 2015 keine große Gala geben. Neben dem Restaurant Maria Loretto mit seinem Fischtank und dem Schloss, das auf der Halbinsel am Wörthersee liegt gibt es noch das „Strandbad Maria Loretto“ mit seinen Schatten spendenden Bäumen, das kleiner und gemütlicher ist als das große allgemeine Strandbad einen durch den See zu schwimmenden Kilometer weiter. Das Restaurant ist Treffpunkt der wichtigsten Akteure des Literaturbetriebs. Besonders beliebt ist die frische Forelle, „nach Wunsch zubereitet“.
Nie da war, was erst der Freitag-Newsletter verriet, Feuilletonchef Michael Angele, der schrieb: „Ich war noch niemals in Klagenfurt. Dieses Klagenfurt, das für viele Schriftsteller und Buchmarktmenschen so strahlend scheint wie New York, jedenfalls während der ‚Tage der deutschsprachigen Literatur‘, die durch den Bachmannpreis bekannt sind, der die bekannteste Tochter der Stadt ehrt, Ingeborg Bachmann. Und wenn ich auch noch niemals in Klagenfurt war, so habe ich doch, wie Sie vermutlich auch, das einige oder andere über Klagenfurt und den Bachmannpreis im Kopf.“ Ebenfalls nie da war auch ZEIT- und Der Freitag-Kritiker Stefan Mesch, „weil ich mich seit 10 Jahren für den ->Häschenkurs bewerbe und erst kommen will, wenn ich Juror*innen überzeuge“, antwortet er perfekt gegendert via ->Facebook.
ORF Wer sich nicht vor den heißen Scheinwerfern fürchtet, der setzt sich direkt in den Sendesaal des ORF-Theaters, um die Lesungen hautnah zu erleben. Alle anderen verfolgen draußen vor den großen Fernsehern, an der Biertischgarnitur vorm Fernseher, das Wettlesen. Der Österreichische Rundfunk führt die komplette Veranstaltung durch. Zwölf Jahre lang lag die Organisation in den Händen von ORF-Redakteurin Michaela Monschein – bis sie 2012 überraschend abgelöst wurde. Das führte damals zu heller Aufregung im Literaturbetrieb, weil Monschein mit besonderer Sensibilität den Bachmannpreis betreute, auch gegen jene Modernisierungspläne in Schutz nahm, die nach „Deutschland sucht den Superdichter“ als nach ernsthafter Literaturkritik aussahen. 2014 stand die Veranstaltung bereits auf der Kippe, nachdem ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz unmittelbar vor der Eröffnung 2013 gesagt hatte: „Den Bachmann-Preis wird das Landesstudio Kärnten im kommenden Jahr ganz sicher nicht mehr durchführen.” Gelesen wird weiterhin, gezittert auch.
Präauer, Teresa liest auf Einladung von Hubert Winkels (->Winkler, Josef) bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur 2015 und nachdem ich bereits „Für den Herrscher aus Übersee“ verschlungen hatte folgte in diesem Jahr „Johnny und Jean“, nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse. Via Facebook erreichte mich dann folgende Nachricht, die unbedingt mit Nennung meines Namens in den Blog zu stellen ist (sagt die Autorin): „Ich war nie als Publikumsgast in Klagenfurt, aber mit meinen Büchern im Musilhaus. Und bei Wallstein ist gerade ein Band zur Kärntner Autorin Christine Lavant mit einem Beitrag von mir erschienen, deren Konterfei sieht man ja schon vom Bahnhof aus in geschönter Version auf der Fassade prangen. Ich denke, die TDDL selbst könnten ganz interessant und lustig werden, und ich seh mir das einmal an. Vielleicht geh ich am Abend danach auf einen Schnaps in den ‚Stadtkrämer’ (->Dämonen), dazu kannst du jetzt einen eigenen Lexikoneintrag gestalten, Jan Drees.“
Schwimmbadfigur Körperlicher Zustand, den man nach jedem Besuch in Klagenfurt ab Samstagabend bis zum kommenden Jahr erreichen möchte – um beim Sonnenbaden im Strandbad und beim Bachmannwettschwimmen besser auszusehen. Der Sieger wird traditionell von der Wasserrettung des Wörthersees rumgefahren. Katharina Wilts, Pressechefin von Klett-Cotta, gewinnt gefühlt jedes Mal, während Kathrin Passig (->Automatische Literaturkritik) üblicherweise Letzte wird. Das jahrelang abgehaltene Fußballspiel ORF-Techniker gegen Literaten und Kritiker findet nicht mehr statt, weil die Techniker jedes Mal den Pokal nach Hause holten. Einen Tipp gibt es von Dumont-Pressechefin Julia Giordano via Facebook: „How to get a lake body: go to the lake, have a body.“
Teatro Abgesehen von dem manchmal in Klagenfurt Platten auflegenden Tex Rubinowitz (->Lendhafen) ist musikalischer Geschmack ein echtes Problem im deutschen Literaturbetrieb. Das wird jeder bestätigen, der bei der Frankfurter Buchmesse zusehen musste, wie gestandene Verleger und Feuilletonisten im „Velvet Club“ zu den Bravo-Hits des Techno-Jahrs 1993 ausflippten. In der Klagenfurter „Teatro“-Bar werden zwar die Hits der 80er, 90er und das Beste von heute gespielt. Aber die Haltung dazu ist ab zwei Uhr nachts eher ironisch. Bislang nicht geklärt ist, wie es Hanser-Chef und Klagenfurt-Mittelpunksheld Jo Lendle schafft, stets mit einem Gin Tonic in der Hand dazustehen, doch am nächsten Tag als Einziger null verkatert im ORF aufzuschlagen. Vielleicht ist es nur ein Wasserglas mit Zitronenschnitz?
Übernachtungsmöglichkeit Wer Geld hat, der steigt im Hotel Moser direkt am Platz ab – ein Luxus, den ich mir vor zwei Jahren im Spätsommer erlaubte, als die Preise erträglich waren. Die Studentengruppen sind in Seenähe untergebracht – dort gibt es nämlich eine Jugendherberge. Als ich vor ein paar Jahren im Hotel Sandwirth schlief, das von allen Unterkünften vermutlich am nächsten zum ORF-Theater liegt, wusste ich nicht, dass am 4. April 1938 eben da Adolf Hitler untergekommen war. Etwas abseits, weniger gediegen, dafür lebhaft durch die -> Häschenkurs-TeilnehmerInnen, die dort leben ist das Hotel Geyer.
Vroni „Im Café jenseits der Ironie / bedient Sie die bleiche Vroni“, dichtete Hanser-Verleger Jo Lendle (->Teatro) im Jahr 2012 für die beliebte Wirtin des Theatercafés, wo die Verkaterten ihr Frühstück und die ZIA-Helden ihr Abendessen einnehmen. Bachmannpreis-Gewinner und Literaturquizmaster Tex Rubinowitz (->Lendhafen) erinnert in einem seiner aktuellen Texte, den er als „eine unsichtbare Hommage“ bezeichnet, dass Vronis Café eigentlich „Cho Cho San“ heißt. 2014, wo ohnehin alles anders ist als bislang (->Maria Loretto) wird das Theatercafé wegen einer schweren Erkrankung Vronis geschlossen bleiben. Insider wissen allerdings, dass Vroni wieder gesund wird und die verordnete Reha anschlägt. Gute Besserung.
Winkler, Josef namentlich bitte nicht zu verwechseln mit Winkels, Hubert, dem neuen Juryvorsitzenden des Bachmannwettbewerbs 2015. Der Kärtner Schriftsteller Josef Winkler, Ehrendoktor der Universität Klagenfurt, ist nicht nur einer der interessantesten Gegenwartsautoren (zuletzt „Winnetou, Abel und ich“ bei Suhrkamp), sondern auch einer der angriffslustigsten. 2009 hielt er die Eröffnungsrede der TDDL am Mittwochabend im ORF-Theater, wo alle zur Eröffnung ankommen, weil mit dem späteren Buffet die Lust auf den Bürgermeisterempfang am Donnerstag (->Maria Loretto) angestachelt wird. Winkler griff 2009 die Stadt Klagenfurt und das Land Kärnten an, die Geld habe für einen Steuerberater, der beim Verkauf der Hypo Alpe Adria an die Bayern LB satte sechs Millionen Euro eingestrichen hat, während kein Geld für eine eigene Stadtbibliothek vorhanden sei. In Anwesenheit der Witwe Jörg Haiders sagte er zudem, der 2008 in seinem VW Phaeton verunglückte Rechtspopulist und einstige Landeshauptmann von Kärnten habe sich „mit seiner Asche aus dem Staub“ gemacht.
X-/Y-Chromosom und wie sich das Geschlecht auf die Preischancen auswirken zeigt Kathrin Passig (-> Automatische Literaturkritik) in dieser beeindruckenden Statistik. Bisher gingen 100 Preise an männliche Autoren, aber nur 65 Auszeichnungen an Frauen – allerdings haben auch deutliche mehr Männer als Frauen gelesen. Das bedeutet, ein Mann hat eine Preischance von (1:)0,21, Frauen von (1:)0,23 pro Leseplatz. Das heißt: 467 Texte (tx) wurden von Männern präsentiert. 100 Preise (p) wurden an Männer vergeben. (100:467 tx)x100 (p) Dazu ergänzend gibt es im Dokument die „Signifikanzberatung“ von Aleks Scholz (für die Statistik der Leseplätze in den Jahren mit drei Lesetagen): Wenn es den Preis seit unendlich vielen Jahren gäbe und man daraus eine Stichprobe derselben Größe wie hier auswählen würde, dann käme mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit Folgendes heraus: Am ersten Lesetag (von drei) liegen die Bachmannpreis-Chancen zwischen 0% und 6%. Am zweiten Tag liegen sie zwischen 4% und 15%, am dritten Tag zwischen 2% und 12%. „Es ist nicht nichts, aber auch kein überwältigender Effekt. Ich habe so was schon veröffentlicht, bin aber auch damit schon reingefallen.“
Zweirad Wer außerhalb der TDDL nach Klagenfurt reist wird kein Problem haben, eines der 600 Leihradl zu mieten. Besucher des Bachmannwettlesens sollten sich aber vorher bei einer der 20 örtlichen Verleihstellen melden und reservieren. Alle fahren Rad: Autoren, Lektoren, Jurymitglieder, Rezensenten – vom ORF-Theater nachmittags ins Strandbad am Wörthersee oder abends vom Bierhaus „Zum Augustin“ nach Klachelsuppe und Schwammerlgulasch zum ->Lendhafen oder gleich ins ->Teatro. Fitte Literaturliebhaber nehmen selbst nachts den Weg am Miniundus-Modellbaupark vorbei, um noch einmal ins Wasser zu springen. Direkt am Neuen Platz in der Klagenfurter Tourismusinformation gibt es eine der größten Verleihstellen, wenige Meter von der über 400 Jahre alten Lindwurmstatue entfernt. Einer Sage nach soll das spätere Wappentier in grauer Vorzeit erschlagen und damit erst die Gegend um Klagenfurt wohnbar gemacht worden sein. Ach, es ist schon schön da.
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[…] schönes A-Z Bachmannpreis hat der Autor Jan Drees […]
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